Einzelhandelskaufleute sind die Schnittstelle zwischen Anbieter und Kundschaft. Sie begegnen im Ladenlokal den Kunden, beraten und verkaufen. Hinter den Kulissen sorgen sie dafür, dass nachgefragte Waren rechtzeitig in gewünschter Art und Menge zu einem akzeptablen Preis für den Verkauf zur Verfügung stehen.
Bildungsweg:
Duale Ausbildung
Empfohlener Abschluss:
mittlerer Bildungsabschluss
Ausbildungsdauer:
3 Jahre
Ausbildungsvergütung:
ca. 815 € - 960 € brutto / Monat im
1. Ausbildungsjahr
Was macht ein Einzelhandelskaufmann/-kauffrau?
Einzelhandelskaufleute – also Einzelhandelskaufmänner und, sehr oft, Einzelhandelskauffrauen – machen Güter für die Allgemeinheit zugänglich: Sie sind das Bindeglied zwischen Angebot und Nachfrage. Auf der einen Seite stehen die industrielle und gewerbliche Produktion bzw. der Großhandel, auf der anderen die Endabnehmer. Als Zwischenhändler übernehmen sie eine Auswahlfunktion: Sie kaufen nachgefragte Waren bei Anbietern ein und verkaufen sie – mit einer gewissen Marge, der Handelsspanne – an ihre Kundschaft weiter. Diese Funktion können sie in jeder Branche ausüben, ob Food- oder Non-Food-Bereich – vom Anglerbedarf über den Lebensmittelhandel und Modeanbieter bis zum Zweiradgeschäft. Sie arbeiten dabei in den unterschiedlichsten Sparten des Handels – bei Discountern, Lebensmittel- und Verbrauchermärkten sowie in Warenhäusern. Und ebenso in Baumärkten und Boutiquen, im Elektro- und Elektronikhandel sowie in Gartencentern, Möbelhäusern und Schuhläden, im Spielwarenhandel oder in Sportgeschäften.
Die Kernaufgaben von Einzelhandelskaufleuten sind das Kaufen und das Verkaufen. Als Händler haben sie dafür zu sorgen, dass die Güter und Waren, die nachgefragt werden, auch zu einem marktfähigen Preis gekauft werden können. Einzelhandelskaufleute müssen also den Warenstrom organisieren und verwalten: Das beginnt bei der Disposition der benötigten Waren in gewünschter Art und Menge und dem Einkauf zu möglichst günstigen Konditionen. So sind Angebote für die Beschaffung der benötigten Waren einzuholen, wenn keine Lieferketten und Bezugswege vorgegeben sind oder keine festen Beziehungen zu Lieferanten bestehen. Geprüft werden die Offerten dann im Hinblick auf Menge, Qualität und Lieferkonditionen. Die unterschiedlichen Angebote werden verglichen, bestehende Spielräume sind zu verhandeln. Dies kann unter Umständen auch in Englisch oder einer anderen Fremdsprache nötig sein, wenn es sich um ausländische Firmen handelt. Zum Schluss ist ein Anbieter auszuwählen und mit der Lieferung der Ware zu beauftragen. Auf dieser Basis lassen sich die Verkaufspreise kalkulieren – unter Berücksichtigung der Marktbedingungen und der Konkurrenzsituation. Die jeweiligen Warenein- und -ausgänge sind zu verbuchen und abzurechnen, Lagerbestände zu verwalten. Alle Tätigkeiten werden ausgeführt, um das Geschäft rentabel zu gestalten und Gewinne zu erwirtschaften.
Warenwirtschaftssysteme helfen dabei, den Einkauf zu organisieren und das Sortiment zu gestalten. Sie erfassen automatisiert, welche Produkte in welchen Stückzahlen in einem bestimmten Zeitraum verkauft wurden. So werden Änderungen im Bestand pro Wirtschaftsperiode im Zeitverlauf sichtbar. Anhand dieser Daten wird es möglich, den weiteren Verlauf der Nachfrage abzuschätzen und zu ermitteln, welche Mengen nachbezogen werden sollten. Grundlage für diese Berechnungen sind die Einbuchungen der angelieferten Waren und die automatischen Abbuchungen über die Registrierkassen beim Abverkauf. Weitere Hilfsmittel sind Inventuren und das betriebswirtschaftliche Abschreiben von Waren, die durch Beschädigung, unsachgemäße Lagerung, das Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums oder mangels Nachfrage ausgesondert werden müssen.
Damit die Ein- und Abbuchungen korrekt erfolgen, begleiten Einzelhandelskaufleute die Waren von der Anlieferung bis zum Verkauf. Sie überprüfen, ob die Lieferungen korrekt erfolgen, also zum verabredeten Termin und in der georderten Art und Menge, und ob die Waren ohne Mängel sind. Danach sorgen sie für eine fachgerechte Lagerung. Im Verkaufsraum gestalten und pflegen sie das Angebot. Dazu gehört, die Waren auf den Verkaufsflächen zu positionieren, Artikel auszuzeichnen, Regale aufzufüllen und werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen umzusetzen – etwa durch auffällige Platzierung von Sonderangeboten und Aufstellern mit nicht standardmäßig gelisteten Waren oder die Möglichkeit zur Verkostung von Lebensmitteln. Fragen der Kundschaft beantworten sie kompetent und sie beraten auf Wunsch. Schließlich sind sie auch an der Kasse zu finden, wo sie die Ware nach der Bezahlung an die Kundschaft übergeben.
Die Registrierung der Verkäufe im Kassensystem samt automatischer Buchung im Warenwirtschaftssystem ist dann ein wesentlicher Baustein für Aspekte der Finanzbuchhaltung: Einzelhandelskaufleute erfassen die generierten Einnahmen und anfallenden Ausgaben buchhalterisch anhand von Belegen und werten diese betriebswirtschaftlich aus. In kleineren Betrieben wirken sie oft auch an der Erstellung einer Bilanz oder einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung („GuV“) mit. Aber auch Aufgaben der Personalplanung, insbesondere die Einsatzplanung der Mitarbeitenden, können zum Tätigkeitsfeld von Einzelhandelskaufleuten gehören. Dabei sind dann auch Teilzeitregelungen, Arbeitsschutzvorgaben und Urlaubsansprüche der Mitarbeiter zu beachten.
Diese vielfältigen Tätigkeiten von Einzelhandelskaufleuten im Präsenzhandel fordern deren Einsatz auf der Verkaufsfläche, im Lager und im Büro. Die Arbeitszeiten sind dabei fließend: Es gelten die üblichen Ladenöffnungszeiten an Samstagen und in den Abendstunden. Bei Sonderaktionen oder in Verkaufsräumen etwa an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen oder Bahnhöfen ist auch Sonn- und Feiertagsarbeit üblich.
Wer als Einzelhandelskaufmann oder -kauffrau tätig ist, hat nicht nur direkten Kontakt mit der Kundschaft. Auch der körperliche Einsatz beim Hantieren mit den Waren oder bei der Bedienung von Flurförderzeugen wie Hubstaplern ist gefragt. EDV-Kenntnisse werden bei der Bedienung von Kassen- und Warenwirtschaftssystemen ebenso verlangt wie bei der Büroarbeit, die mit Computern und entsprechender Software erledigt wird – vom Office-Paket mit Schreib- und Tabellenkalkulationsprogrammen bis hin zu SAP-Modulen. Ist ein Onlinehandel vorhanden, müssen Einzelhandelskaufleute auch den Onlineshop betreuen, Produktkataloge pflegen und Onlinemarketing betreiben.
Die vielschichtigen Anforderungen an Einzelhandelskaufleute lassen sich so zusammenfassen:
- Sortimentsgestaltung;
- Präsentation der Waren;
- Initiieren und Umsetzen von werbe- und verkaufsfördernden Maßnahmen;
- Beratung der Kundschaft;
- Warenverkauf samt Registratur und Verbuchung;
- Kassieren und Abrechnen;
- Überwachung und Pflege der Warenbestände;
- Durchführen von Inventuren;
- Bestellwesen und Disposition;
- Anforderung und Vergleich von Angeboten;
- Aushandeln von Bezugskonditionen;
- Preiskalkulation;
- Annahmen von Lieferungen, Kontrolle und fachgerechte Einlagerung;
- Planung des Personaleinsatzes;
- Mitwirkung bei Finanzbuchhaltung und Rechnungsabschlüssen.
Für wen ist die Einzelhandelskaufmann-Ausbildung geeignet?
Wie sollte das Personal eines Geschäfts aus Kundensicht auftreten? Freundlich und adrett, höflich und zuvorkommend, aber nicht aufdringlich. Die Mitarbeiter sollten Fragen rasch beantworten und kompetent beraten können. Zahlungsvorgänge sind korrekt und zügig abzuwickeln, inklusive Hinweisen auf verschiedene Zahlungsweisen, Rabatte und Bonussysteme sowie Rückgabeoptionen oder Garantiezeiten.
Damit Einzelhandelskaufleute diese Wünsche erfüllen können, brauchen sie eine positive Grundeinstellung: Sie sollten empathisch, kontaktfreudig und kommunikativ sein. Wichtig ist auch Vertrauenswürdigkeit: Sie sollten verlässliche Angaben machen und verbindliche Auskünfte geben können. Insbesondere an der Kasse haben sie korrekt und sorgfältig zu arbeiten. All diese Anforderungen sind im direkten Kundenkontakt ausschlaggebend für den Verkaufserfolg und die Kundenbindung.
Für die Arbeiten im Hintergrund sind organisatorische Fähigkeiten notwendig. Der Warenstrom vom Eingang bis zum Verkauf ist zu koordinieren. Dazu gehören die Warenannahme samt Kontrolle der Lieferungen, die Lagerhaltung, das Auffüllen der Regale sowie die Positionierung der Angebote auf den Verkaufsflächen. Genügend Kraft sollte vorhanden sein, um Gitterboxen oder Paletten mit Flurförderzeugen von der Rampe in das Lager und in den Verkaufsraum zu bringen, Obststiegen und Gemüsekisten ins Regal zu heben oder Pakete mit Konserven zu platzieren. Ausdauer ist beim Einräumen von Regalen gefragt – und selbstständiges, gewissenhaftes Arbeiten, damit die Produkte ordentlich präsentiert werden. Bei verderblichen Waren ist darüber hinaus das Haltbarkeitsdatum zu beachten: Produkte älteren Datums haben an der Front der Verkaufsfläche zu stehen, müssen also vorgezogen werden.
Bei ihrer Arbeit müssen Einzelhandelskaufleute das Kaufverhalten der Kundschaft beobachten und die Wirksamkeit der Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen einschätzen. Gemessen werden kann dies unter anderem an den Bestandsveränderungen im Warenwirtschaftssystem, die sich über die Eingaben an den Registrierkassen nachvollziehen lassen. Die Analyse erfolgt am Computer mit spezieller Software, an dem auch andere alltägliche Aufgaben durchführt werden. Deren Spektrum reicht von der Bestellung über die Verbuchung bis zur Abrechnung in der Finanzbuchhaltung. Aber auch die Preiskalkulation bei unterschiedlichen Bestellmengen und Lieferwegen gehört dazu. Gute Kaufleute ziehen daraus ihre Rückschlüsse für die Gestaltung des Sortiments, das sie an den Wünschen und Produktvorlieben der Endabnehmer ausrichten. Um diese zu befriedigen, suchen Einzelhandelskaufleute neue Handelspartner als Lieferanten und verhandeln mit ihnen über Konditionen und Lieferbedingungen.
Wer Einzelhandelskaufmann oder -kauffrau werden möchte, sollte daher gerne mit Menschen umgehen, sprachlich gewandt sein und idealerweise bereits soziales Engagement gezeigt haben – etwa in der Leitung einer Jugendgruppe oder einer Sportmannschaft. Eine solide Basis für die Ausbildung sind gute Noten in Schulfächern wie Mathematik und Wirtschaft sowie Deutsch und Englisch, denn:
- Mathematik und Statistik werden bei betriebswirtschaftlichen Berechnungen und Auswertungen benötigt. Verkaufszahlen auswerten, Trends erfassen, Werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen bewerten oder Angebote vergleichen und Preise kalkulieren ist ohne Rechnen nicht möglich.
- Wirtschaft als Schulfach sollte das Marktgeschehen verdeutlichen und Zusammenhänge aufzeigen. Diese Kenntnisse sind von Bedeutung, um Marktteilnehmer wie Lieferanten, Konkurrenz, Endabnehmer einordnen und ihr Verhalten verstehen zu können. Auf dieser Basis ist es möglich, verschiedene Maßnahmen zur Beeinflussung des Marktes zu beurteilen und deren Wirkung abzuschätzen.
- Deutsch und andere Sprachen haben einen hohen Stellenwert. Beim direkten Kontakt mit der Kundschaft, mit Geschäftspartnern wie Lieferanten oder auch den Mitarbeitern sind das sprachliche Ausdrucksvermögen, die Überzeugungskraft und auch die Durchsetzungsfähigkeit wichtig. Typische Situationen sind die Beratung von Kunden oder die Bearbeitung von Reklamationen, aber auch die Abstimmung des Personaleinsatzes und der anfallenden Arbeiten gehören dazu. Die Fähigkeit zum Textverständnis hat hohe Bedeutung bei Verträgen und Abkommen, die mit Geschäftspartnern oder Mitarbeitern getroffen werden. Fremdsprachenkenntnisse sind essenziell, wenn Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Partnern bestehen.
Wer eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann oder zur -kauffrau aufnehmen möchte, sollte sich daher diesen Aufgaben gerne widmen:
- Kaufmännische Tätigkeiten sind der Schwerpunkt der Arbeit. Dies beginnt beim Wareneinkauf und den entsprechenden Verhandlungen mit Lieferanten und reicht bis zum Verkauf an Endkunden. Dazwischen liegen die Sortimentsgestaltung auf Basis von Marktbeobachtungen und Konkurrenzanalysen sowie die Planung von verkaufsfördernden und von Werbemaßnahmen. Kalkulationen sowie Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen gehören ebenfalls dazu.
- Verwaltende und organisatorische Tätigkeiten nehmen ebenfalls viel Zeit in Anspruch. Nach der Warenannahme und Kontrolle bei der Anlieferung ist die sachgemäße Einlagerung und die rechtzeitige Bestückung der Regale und Verkaufsflächen zu gewährleisten – etwa mit Saisonartikeln oder Sonderangeboten. Auch das Kassieren und die gewissenhafte Abrechnung des Kassenbestands gehören dazu. In der Regel sind auch Dienst- oder Schichtplänen aufzustellen, um einen rechtskonformen Personaleinsatz zu garantieren.
- Soziale und beratenden Tätigkeiten sind gegenüber der Kundschaft gefragt. Diese Qualitäten zeigen sich im direkten Kontakt bei der Beantwortung von Fragen oder im Beratungs- oder Verkaufsgespräch.
Die Ansprüche an die intellektuellen Leistungen von Einzelhandelskaufleuten sind also durchaus herausfordernd: Konzentrationsvermögen für Arbeiten an der Kasse und bei häufigen Unterbrechungen durch Kunden; Merkfähigkeit, um Namen, Gesichter und Anliegen von Kunden und Geschäftspartnern zuordnen zu können und Preise zu memorieren; geistige Flexibilität, um sich rasch auf schnell wechselnde Situationen einzustellen; Organisationstalent, um Routinetätigkeiten und neue Abläufe in der immer zu knappen Zeit zu bewältigen.
Die physischen Voraussetzungen sind nicht ganz so hoch. Eine robuste Konstitution erleichtert das Bewegen von Warenträgern wie Paletten und Gitterboxen oder schweren und sperrigen Artikeln. Der Fokus liegt aber eher auf feinmotorischen Fähigkeiten. Diese werden benötigt bei der Bedienung der Kasse und des Computers oder dem Einräumen und Aufstellen von oft kleinteiligen Produktgebinden. Ausreichende Sehkraft hilft, um Unterlagen und Warenetiketten zu lesen und Artikel ein- und zuordnen zu können. Die Hör- und Sprechfähigkeit sind wichtig für den Austausch mit Kunden und Geschäftspartnern.
Aufgrund der ausgeprägten Kontakte mit anderen Personen ist das Sozialverhalten ein entscheidender Faktor. Kritikfähigkeit, Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen, aber auch Geduld sind in Gesprächen und Diskussionen mit Lieferanten, Geschäftspartnern, Mitarbeitern und der nicht immer einfachen oder zufriedenen Kundschaft essenziell. Seriosität, die sich in Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit ausdrückt, sowie ein gepflegtes Erscheinungsbild sind für Einzelhandelskaufleute – wie für alle Kaufleute – ein Muss, da sie als Schnittstelle nach außen auch ihre Arbeitgeber repräsentieren.
Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz als Einzelhandelskaufmann oder -kauffrau lassen sich so zusammenfassen:
- Kontaktbereitschaft und Kundenorientierung;
- Problemverständnis und Empathie;
- betriebswirtschaftliches und unternehmerisches Denken;
- mathematische Fähigkeiten;
- gutes sprachliches und schriftliches Ausdrucksvermögen;
- Organisationstalent und gutes Zeitmanagement;
- selbstständige, sorgfältige und genaue Arbeitsweise;
- Verhandlungsstärke und Durchsetzungsvermögen;
- Seriosität, Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit;
- hohe Konzentrations- und Merkfähigkeit;
- geistige Flexibilität;
- Affinität zu Computerarbeit.
Für eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann oder zur -kauffrau ist ein Schulabschluss rechtlich nicht notwendig. Der mittlere Bildungsabschluss wird von den ausbildenden Betrieben bevorzugt. Gemäß Datensystem Auszubildende (DAZUBI) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hatten 2022 rund 50 Prozent der Bewerber die sogenannte „Mittlere Reife“, etwa jeder siebte sogar die Hochschulreife. Etwa ein Drittel startete dagegen mit einem Hauptschulabschluss, zwei Prozent auch ohne diesen.
Wie läuft die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab?
Wer Kaufmann oder Kauffrau im Einzelhandel werden will, muss eine dreijährige Ausbildung im dualen System absolvieren, das heißt, die Ausbildungsinhalte werden sowohl in der Berufsschule als auch im ausbildenden Betrieb vermittelt. Dies ist in der Regel ein Einzelhandelsgeschäft, die Filiale einer Handelskette – oder auch die Vertriebsabteilung in einem Industrieunternehmen: Im Jahr 2022 starteten knapp 23.000 künftige Einzelhandelskaufleute ihre Karriere in Handel oder Industrie, im Handwerk dagegen nur 66. Eine erste Prüfung steht am Ende des zweiten Ausbildungsjahrs mit der sogenannten „gestreckten Abschlussprüfung“ als Zwischenprüfung an. Der zweite Teil der Abschlussprüfung folgt am Ende des dritten Lehrjahrs. In beiden Prüfungen sind sowohl praktische Fähigkeiten als auch theoretisches Wissen nachzuweisen – Letzteres dann schriftlich. Die Lehrzeit endet mit einem Fachgespräch als letzter mündlicher Prüfung. Verkürzt werden kann die Ausbildungsdauer durch Nachweis einer abgeschlossenen zweijährigen Ausbildung zum Verkäufer.
Die Ausbildung selbst ist für die werdenden Kaufleute kostenfrei. Oft werden auch die Aufwendungen für Lernmittel oder für eine notwendige Unterbringung während auswärtiger Berufsschulblöcke vom Arbeitgeber übernommen, ebenso wie die Kosten für mögliche unternehmensübergreifende Lehrgänge. Viele Handelsunternehmen stellen zudem die Berufsbekleidung, meist Arbeitskittel, Hemden, Blusen oder Sweatshirts mit Firmensignet. Dazu kommt die persönliche Schutzausrüstung (PSA), die zum Beispiel bei Lagerarbeiten gesetzlich vorgeschriebenen ist und mindestens aus Arbeitsschuhen und Handschuhen besteht. Insbesondere Modeanbieter drängen Mitarbeiter oft, Kleidungsstücke aus der eigenen Kollektion oder aus dem eigenen Angebot zu tragen; diese werden dann meist zu reduzierten Preisen – etwa zum Einkaufspreis – abgegeben. Muss eine eigene Wohnung bezogen werden, um die Ausbildung anzutreten, kann bei der Bundesagentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) als Förderung beantragt werden.
Die schulische Ausbildung findet in der Berufsschule „vor Ort“ zu normalen Schulzeiten an maximal zwei Tagen pro Woche statt oder als jeweils mehrwöchiger Berufsschulblock an zentralen Schwerpunkt-Berufsschulen. Neben der beruflichen Theorie werden auch allgemeinbildende Fächer wie Deutsch, Englisch, Wirtschafts- und Sozialkunde unterrichtet. Berufsspezifische Fächer sind in den ersten beiden Jahren unter anderem Kundenbetreuung, Beschaffung, Annahme und Präsentation von Waren sowie Werbung und verkaufsfördernde Maßnahmen. Weitere Schwerpunkte sind die Erfassung und Kontrolle von Geschäftsprozessen, die Vorbereitung und Durchführung preispolitischer Maßnahmen und die Bewältigung besonderer Verkaufssituationen. Im dritten, also letzten Jahr der Ausbildung stehen organisatorische Abläufe mit Management-Anspruch im Fokus. Kern ist die Steuerung von Geschäftsprozessen wie Einkauf, Sortimentsgestaltung, Logistik und Verkauf als Elementen der Wertschöpfungskette. Abgerundet wird diese Betrachtung durch Marketingkonzepte und die Personaleinsatzplanung sowie die Leitung und Entwicklung von Einzelhandelsunternehmen.
Die praktische Ausbildung erfolgt im Ausbildungsbetrieb und soll dazu befähigen, die täglich anfallenden Arbeiten zunehmend selbstständig zu übernehmen. Die Basis dafür ist die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Produktangebot, um alle Artikel im Sortiment und deren Platzierung kennenzulernen. Erst mit dieser Zu- und Einordnung etwa zu Warengruppen und Qualitätsstufen können der Kundschaft auf Wunsch Alternativen angeboten werden. Weitere Themen sind die Warenpräsentation, die Preiskalkulation sowie die sachgerechte Behandlung der Waren von der Anlieferung bis zum Verkauf; falls der Ausbildungsbetrieb auch Lebensmittel anbietet, ist eine entsprechende Belehrung über den Umgang mit diesen Waren und eine Bescheinigung des Gesundheitsamts die Voraussetzung für die weitere Arbeit. Ein für Kaufleute entscheidendes Kapitel ist der Servicebereich Kasse und der tatsächliche Verkauf der Artikel. Zudem müssen sich die Azubis in den ersten beiden Jahren der Ausbildung für einen Schwerpunktbereich entscheiden: Zur Auswahl stehen die Arbeitsfelder „Sicherstellung der Warenpräsenz“, „Kundenberatung“, „Werbung und Verkaufsförderung“ sowie „Kassensystem und Kundenservice“. Im letzten Lehrjahr stehen wie in der Berufsschule die Prozesse im Einzelhandel im Zentrum. Hier wird der Grundstein zur Bewältigung von Managementaufgaben gelegt, indem zwischen verschiedenen Qualifikationseinheiten ausgewählt werden kann. Eine Spezialisierung kann erfolgen in „Beratung von Kunden in komplexen Situationen“, „Beschaffung von Waren“, „Warenbestandssteuerung“, „Kaufmännische Steuerung und Kontrolle“, „Marketingmaßnahmen“, „Onlinehandel“, „Mitarbeiterführung und -entwicklung“ sowie „Vorbereitung unternehmerischer Selbstständigkeit“.
Schon während der Ausbildung ist es möglich, Zusatzqualifikationen zu erwerben. Diese decken spezielle Bereiche des Einzelhandels ab oder zeigen allgemein das persönliche Engagement und das Interesse am Beruf:
- Die Zusatzqualifikation „Freiverkäufliche Arzneimittel“ ist unter anderem für Drogeriemärkte oder Discounter und Verbrauchermärkte mit entsprechendem Angebot interessant. Vermittelt werden zum Beispiel Kenntnisse über die Inhaltstoffe von Arzneimitteln, Zubereitungsformen, Lagerung, Gefahren unsachgemäßen Umgangs, Arzneimittelrecht und Heilmittelwerbegesetz. Am Ende steht eine schriftliche Prüfung; der erfolgreiche Abschluss wird durch ein Zertifikat bestätigt.
- Die Zusatzqualifikation „Fremdsprache für kaufmännische Auszubildende“ bereitet angehende Kaufleute auf den Einsatz im internationalen Umfeld vor. Dazu wird die Bearbeitung typischer beruflicher Aufgaben in einer Fremdsprache wie Englisch eingeübt. Weitere Inhalte sind das korrekte Verhalten in Gesprächssituationen, auch am Telefon oder in Video-Konferenzen, und Eigenheiten der geschäftlichen Korrespondenz vom Brief bis zur E-Mail. Abgeschlossen wird die Maßnahme durch eine Prüfung, die aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil besteht.
- Die Zusatzqualifikation „Europaassistent“ ist für Azubis mit mindestens mittlerem Bildungsabschluss vorgesehen. Inhalte sind erweiterter Unterricht in Englisch und einer weiteren Fremdsprache sowie in internationaler Wirtschaft, etwa zum europäischen Waren- und Wirtschaftsrecht. In der Regel beinhaltet die Maßnahme ein mehrwöchiges Praktikum im EU-Ausland.
Wie viel verdient ein Einzelhandelskaufmann?
Einzelhandelskaufleute werden im dualen System ausgebildet und erhalten von ihrem Ausbildungsbetrieb eine Ausbildungsvergütung. Diese sollte angemessen sein, so ist es im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt: Im ersten Jahr der Berufsausbildung darf sie 620 Euro brutto monatlich nicht unterschreiten, wenn die Lehre zwischen dem 01.01. und dem 31.12.2023 begonnen wurde (§ 17 Absatz 1 und 2 BBiG). Im zweiten und dritten Lehrjahr sind Steigerungen um 18 bzw. 35 Prozent, bezogen auf den Wert im ersten Ausbildungsjahr, das Minimum. Wer im September 2023 eine Ausbildung mit der Mindestvergütung begonnen hat, kann im dritten Lehrjahr also mit mindestens 837 Euro Monatsbrutto rechnen.
Das Spektrum der Ausbildungsbetriebe reicht branchenübergreifend vom kleinen Spezialgeschäft und vom ortsansässigen Lebensmittelmarkt über mittelgroße „Allrounder“ bis hin zu mehr oder weniger großen Ketten, Franchisenehmern und großen Handelsunternehmen mit einer Vielzahl von Filialen. Daher gibt es erhebliche Unterschiede bei den Ausbildungsvergütungen. Zudem machen sich Kaufkraft und wirtschaftliche Attraktivität der Region sowie unterschiedliche Tarifverträge bemerkbar.
Für das erste Ausbildungsjahr werden, je nach Quelle, daher Vergütungen von gut 700 Euro bis 960 Euro brutto im Monat genannt. Die in den Tarifverträgen vereinbarten Ausbildungsentgelte bewegen sich im Rahmen von ca. 910 – 960 Euro im ersten bis 1.120 – 1.210 Euro im dritten Lehrjahr – nur Mecklenburg-Vorpommern weicht mit 815 bzw. 995 Euro Monatsbrutto im ersten bzw. dritten Lehrjahr deutlich nach unten von diesen Werten ab. Weitere Zahlen (Stand 2022) liefert die Bundesagentur für Arbeit auf den Seiten von „Berufenet“.
Auch bei den Einstiegsgehältern nach Abschluss der Ausbildung ist die Schwankungsbreite groß – je nach Branche und Größe des Arbeitgebers. Ohne Tarifbindung liegen die Werte zwischen 1.800 Euro und 2.100 Euro brutto im Monat. Als beispielhafte monatliche tarifliche Bruttogrundvergütung für Einzelhandelskaufleute mit Berufserfahrung gibt die Agentur für Arbeit Werte von rund 2.500 Euro bis 2.900 Euro an. Dazu kommen dann in der Regel noch Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld – das „13. Monatsgehalt“.
Wie kann ein Einzelhandelskaufmann aufsteigen?
Unabhängig von der Branche und von der Größe des Arbeitgebers gilt für Einzelhandelskaufleute in erster Linie, sich über die neuesten Entwicklungen und Trends bei „ihrem“ Sortiment zu informieren. Denn um Verkäufe zu generieren, dürfen Händler nicht den Anschluss verpassen und die Nähe zur Kundschaft verlieren. Das gilt insbesondere für saisonale Artikel sowie sehr schnelllebige Bereiche wie Mode und Accessoires oder Unterhaltungselektronik und IKT – Informations- und Kommunikationstechnik wie Smartphones, Tablets, Hard- und Software. Aber auch bei Lebensmitteln gibt es immer wieder neue Ernährungstrends sowie neu- und wiederentdeckte Nahrungsmittel. Auch die Geschmäcker bei Deko-Materialen, Möbeln, Do-it-Yourself (DIY) sowie Floristik und Garten wechseln ständig und immer wieder auch je nach Jahreszeit. Jeder, der im Verkauf tätig ist, sollte sich daher über Medien wie Zeitschriften oder das Internet auf dem Laufenden halten und die Wünsche der Kundschaft sehr genau wahrnehmen.
Darüber hinaus sollten Einzelhandelskaufleute auch die neuen technischen Entwicklungen beobachten, da diese die vom Sortiment unabhängigen Arbeiten erheblich verändern könnten. „Smarte“ Produkte werden mit RFID (Radio Frequency Identification) ausgestattet, die, zusammen mit Wearables zur mobilen Erfassung von Wareneingängen und Beständen, die automatisierte Bestandskontrolle erleichtern. Scannerkassen für die Kunden und „mobile Payment“ ersetzen bei vielen Discountern und Allroundern bereits teilweise die mit Personal besetzten Kassen. Serviceroboter füllen selbstständig Regale auf und interaktive Verkaufsassistenten beraten die Kundschaft. E-Invoicing unterstützt die Buchhaltung, Store-Management- und Warehouse-Management-Systeme das Bestellwesen und die Steuerung der Warenströme. Für Verkaufszeiten gelten keine Beschränkungen mehr, wenn Verkäufe im Onlineshop stattfinden – mit entsprechendem Onlinekatalog und Produktkonfigurator. In all diesen Bereichen sind Anpassungsweiterbildungen notwendig, um den Wissensstand in Bezug auf berufliche Themen aktuell zu halten und neue Entwicklungen zu entdecken. Daneben sind natürlich auch ganz klassische Gebiete für Einzelhandelskaufleute wichtig. Dazu gehören Waren-, Produkt- und Sachkunde, Werbung und Verkaufsförderung, Customer Relationship Management sowie Dekoration und Warenpräsentation. Schulungen in diesen Bereichen wirken sich sofort auf die Verkaufszahlen aus. Für die Büro- und Verwaltungstätigkeiten sind Themen wie Finanz- und Rechnungswesen, Buchführung und Bilanz, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Arbeitsrecht von Bedeutung. Fremdsprachenkenntnisse werden zunehmend wichtiger, da die Gesellschaft – und damit die Kundschaft – immer internationaler wird. Diese klassischen Anpassungsweiterbildungen, gepaart mit entsprechender Selbstdisziplin, schaffen die Voraussetzungen für die ersten Karriereschritte in Richtung Abteilungsleitung, stellvertretende Filialleitung oder Filialleitung.
Aufstiegsweiterbildungen qualifizieren für anspruchsvollere Aufgaben und Führungspositionen – wie Gebiets- oder Regionalleiter. Oft wird eine Weiterbildung zum Fach- oder Betriebswirt angestrebt. Fachwirte können sich auf die Bereiche Handel, Vertrieb im Einzelhandel, E-Commerce oder Wirtschaft spezialisieren, Betriebswirte im Bereich Handel bzw. allgemeine Betriebswirtschaft. Andere Qualifizierungen führen zu Abschlüssen als Fachkaufmann Vertrieb, Fachberater Vertrieb oder, speziell in der Möbelbranche, Einrichtungsfachberater. Im Lebensmittelbereich ist die Spezialisierung zum Verkaufsleiter Lebensmittelhandwerk möglich. Für Leitungsfunktionen sollten die Softskills nicht vernachlässigt werden. Seminare zu Themen wie Zeit- und Selbstmanagement, Führung, Personaleinsatzplanung, Gesprächsführung und Konfliktmanagement sind hier hilfreich.
Wer als Einzelhandelskaufmann oder -kauffrau die Hochschulreife besitzt, kann auch ein Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität anschließen. Typische Studienfächer sind Betriebswirtschaftslehre bzw. Business Administration oder Handelsbetriebswirtschaft.
Auch die Existenzgründung, also die Selbstständigkeit, steht allen Kaufleuten offen. Einige Unternehmerpersönlichkeiten haben es geschafft, als „eingetragener Kaufmann“ ganze Firmenimperien aufzubauen – aber auch grandios zu scheitern, wie Aufstieg und Fall von Herrn Schlecker zeigen. Die Eröffnung eines eigenen Einzelhandels- oder Fachhandelsbetriebs kann den Einstieg in diese Karriere bieten, aber auch die Übernahme einer Einzelhandelsfiliale im Rahmen eines Franchisekonzepts. Wer ortsunabhängig bleiben möchte und gern reist, kann sich auch als freier Handelsvertreter selbstständig machen.