Im Rahmen eines gemeinsamen Workshops mit dem MTM-Institut wurde auf dem jährlichen Frühjahrskongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft das Thema „Routinearbeit in der Industrie 4.0 – Jobs mit Zukunft?“ näher beleuchtet. Im Workshop wurde diskutiert, wie sich die Routinearbeit im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung entwickelt. Ziel war es, die Anforderungen an Unternehmen, Beschäftigte und Arbeitsmarktakteure sowie Forschungs- und Entwicklungsbedarfe zu identifizieren.
Im Vorfeld wurden bereits besonders relevante Handlungsfelder vom REFA-Institut und dem MTM-Institut gemeinsam identifiziert. Die Themen wurden aufbereitet und auf dem Kongress mit Experten aus Wissenschaft und Praxis im Rahmen eines World Cafés diskutiert. Die Workshop-Teilnehmer wurden hierzu in vier Gruppen aufgeteilt, welche nacheinander alle vier Themeninseln durchliefen und das jeweilige Thema intensiv diskutierten.
Qualitative Anforderungen an Beschäftigte in der Industrie 4.0
Gastgeberin der Themeninsel „Qualitative Anforderungen an Beschäftigte in der Industrie 4.0“ war Christiane Flüter-Hoffmann vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Als Fazit der Diskussion lässt sich festhalten, dass sich durch die fortschreitende Digitalisierung die Anforderungen an die Mitarbeiter erhöhen und insbesondere IT-Kompetenzen im Umgang mit der neuen Technologie erforderlich sind. Darüber hinaus werden aber auch überfachliche Qualifikationen wie Flexibilität, Selbstständigkeit, Teamfähigkeit benötigt. Schließlich sind auch zunehmend Veränderungsbereitschaft und Veränderungsfähigkeit gefordert, um mit dem ständigen Wandel von Software und Hardware umgehen zu können.
Insgesamt wird erwartet, dass das Qualifikationsniveau steigen wird und die Mensch-Maschine-Interaktion zunehmen wird. Dies erfordert eine gezielte Förderung der Qualifikation und Kompetenzen.
Mensch-Maschine-Interaktion und Assistenzsysteme
Gastgeber der Themeninsel „Mensch-Maschine-Interaktion und Assistenzsysteme“ waren Swantje Robelski und Dr. Sascha Wischniewski von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Die Diskussion zeigte, dass mit der zunehmenden Technisierung neue Anforderungen an die Mensch-Maschine-Interaktion gestellt werden. Insbesondere die Möglichkeiten, die mit der Entwicklung von echtzeitfähigen und vernetzten Robotersystemen einhergehen, bergen neue Herausforderungen für die Gestaltung von Routinearbeit. Während Mitarbeiter einerseits noch stärker von körperlich-belastenden und monotonen Aufgaben entlastet werden können, bleiben andererseits nicht automatisierte Resttätigkeiten häufig bestehen. Daher sollte die menschenzentrierte Perspektive bei der Gestaltung dieser Tätigkeiten stärker betrachtet werden.
Am Beispiel der Zusammenarbeit mit einem Leichtbauroboter bei einer „pick-and-place“-Aufgabe wurde die Übertragbarkeit und Gewichtung der aus der Dialoggestaltung bekannten Kriterien bewertet und im World Café diskutiert. Hierbei zeigte sich, dass den Teilnehmern in einem Mensch-Roboter-System Lernförderlichkeit und die Steuerbarkeit des Systems besonders wichtig sind.
Auswirkungen von Industrie 4.0 auf die Lean Production
Gastgeberin der Themeninsel „Auswirkungen von Industrie 4.0 auf die Lean Production“ war Dr.-Ing. Patricia Stock vom REFA-Institut e.V. Hier wurde die Lean Production als wichtige Grundlage für die nachhaltige Einführung der Industrie 4.0 identifiziert, da diese stabile und beherrschte Prozesse erfordert. Die grundlegenden Prinzipien von Lean Production, also Vermeidung von Verschwendung, Setzen von Standards sowie kontinuierliche Verbesserung, sind auch beim Einsatz der Industrie 4.0 nach Meinung der Experten weiterhin relevant, insbesondere da hierdurch erst die Grundlage für den nachhaltigen Einsatz der Industrie 4.0 geschaffen wird.
Das Lean Management wird damit durch die Industrie 4.0 also keinesfalls abgelöst. Durch die Digitalisierung werden neue Möglichkeiten zur Visualisierung und Messung des aktuellen Zustands der Produktion geschaffen, wodurch sich das Shopfloor-Management zukünftig verändern wird. Routinetätigkeiten wird es dabei nach wie vor geben, die sich aber parallel zur sich wandelnden Technologie ebenfalls verändern werden. Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung werden sich insbesondere neue Aufgaben zur Verwaltung und Analyse der anfallenden Daten ergeben.
Personalentwicklung auf dem Shop Floor
Gastgeber der Themen „Personalentwicklung auf dem Shop Floor“ war Dr. Thomas Mühlbradt vom Institut der Deutschen MTM-Vereinigung e.V. Die Teilnehmer stellten fest, dass Routinearbeit ein sehr breites Spektrum umfasst von sehr stark strukturierter einfacher Routinearbeit bis Routinearbeit, die einen substantiellen Erfahrungsaufbau ermöglicht. Dabei sind Menschen verschieden in ihren Voraussetzungen und Bedürfnissen, so dass alle Personalarbeit stets die Passung von Person und Aufgabe beachten sollte.
Aus der Perspektive der Unternehmen erhöht die Personalentwicklung auf dem Shopfloor die Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter. Auf den Arbeitsmarkt gerichtet ist sie auch ein Instrument des Personalmarketings, da regionaler Arbeitskräftemangel auch einfache Tätigkeiten einschließen kann. Personalentwicklung auf dem Shopfloor verwendet typische Strategien und Methoden. Dazu gehört die Beteiligung der Mitarbeiter bei der Gestaltung der eigenen Arbeit, die Schaffung angemessener Spielräume und spezifische Lernlösungen aus dem Methodenpool des Learning on the Job.
Rund 30 Teilnehmer aus Industrie und Wissenschaft haben sich aktiv am World Café beteiligt und sehr intensiv diskutiert. Insgesamt konnten vielfältige Forschungs- und Entwicklungsfelder aufgedeckt werden, die zukünftig angegangen werden müssen. Insgesamt erhielt der Workshop eine sehr positive Rückmeldung der Teilnehmer, da dieser einen interdisziplinären Austausch über das Thema vor dem Hintergrund verschiedenen Branchen ermöglichte.