Verfasser: Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting, Ockenfels
Die immer individuelleren Kundenwünsche, die zunehmend kurzfristiger erfüllt werden sollen, fordern von Unternehmen und Mitarbeitern eine gesteigerte Flexibilität – besonders im Kontext der Digitalisierung. Flexibilität wird mehr und mehr zum Synonym für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und für die Arbeits- und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern.
Dem Industrial Engineer und dem HR-Manager stellt sich die Frage, ob es „die Flexibilität“ überhaupt gibt oder ob sie hinsichtlich verschiedener Dimensionen beschrieben werden muss. Analysiert man die betrieblich geforderte Flexibilität von Mitarbeitern, so bezieht sie sich auf mindestens folgende vier Dimensionen:
- fachliche Flexibilität,
- räumliche Flexibilität,
- zeitliche Flexibilität und
- leistungsbezogene Flexibilität.
Fachliche Flexibilität
Die fachliche Flexibilität bezieht sich auf die fachliche Kompetenz im Qualifikationsprofil eines Mitarbeiters, verschiedene Arbeitsaufgaben - so wie sie betrieblich gefordert sind - kurzfristig wahrnehmen zu können.
Räumliche Flexibilität
Die räumliche Flexibilität beschreibt die Fähigkeit eines Mitarbeiters, an verschiedenen Orten die gleichen Arbeitsaufgaben durchzuführen. Die verschiedenen Orte können - wie die betriebliche Praxis zeigt - unterschiedliche Teams, unterschiedliche Werke an einem Standort oder auch unterschiedliche Standorte sein. Mitarbeiter, die über eine hohe räumliche Flexibilität verfügen, benötigen auch eine hohe „soziale Flexibilität“, weil sie sich auf die jeweils neuen Kollegen einstellen und mit ihnen konstruktiv zusammenarbeiten müssen.
Zeitliche Flexibilität
Zeitlich flexibel ist ein Mitarbeiter, wenn er bei definiertem Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit anforderungsgerecht hinsichtlich der Lage und Verteilung der Arbeit - im Rahmen der Gesetze und Betriebsvereinbarungen - eingesetzt werden kann. Dieser flexible Arbeitseinsatz orientiert sich zum einen an den betrieblichen (Kapazitäts-)Bedürfnissen und zum anderen an den persönlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter. Ziel ist, Arbeitszeit und private Zeit möglichst weitgehend in Einklang zu bringen.
Leistungsbezogene Flexibilität
Die leistungsbezogene Flexibilität beschreibt die Fähigkeit eines Mitarbeiters, temporär die normierte und standardisierte Arbeitsleistung zu erhöhen, um Arbeitsspitzen abzuarbeiten oder den kurzfristigen Ausfall eines Kollegen im Team für einige Stunden zu überbrücken. Die Höhe der Arbeitsleistung ist nur temporär zu steigern und darf mit Blick auf die tarifliche Bezugsleistung bzw. die REFA-Normalleistung nicht zur Norm bei der Personalbemessung werden.
Fazit
Die von Unternehmen und Mitarbeitern geforderte Flexibilität ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das vom Industrial Engineering und dem HR-Management in der betrieblichen Praxis in Gänze gesehen werden muss. Derzeit wird in der betrieblichen und vor allem öffentlichen Diskussion der Fokus zu stark auf die zeitliche Flexibilität verengt. Das mag mit Blick auf die politische Diskussion über die Flexibilisierung der Arbeitszeitgesetze zielführend sein, spiegelt aber nur einen Teil der Herausforderungen und notwendigen Lösungen in der betrieblichen Praxis wider.