Verfasser: Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting, Ockenfels
Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung Karl-Josef Laumann sagte bei der Eröffnung der Messe Altenpflege in Hannover, dass es für ihn nicht nachvollziehbar sei, unter welchen Arbeitsbedingungen in der Pflege gearbeitet wird. Er könne sich nicht vorstellen, dass unter solchen ergonomischen und Arbeitszeitbedingungen in der deutschen Automobilindustrie Fahrzeuge montiert würden.
Karl-Josef Laumann weiß von was er spricht, der gelernte Maschinenschlosser arbeitete beim Erntemaschinenhersteller Claas in Harsewinkel und war bis 1991 Betriebsrat. Die Arbeitsbedingungen seiner Kollegen - von der ergonomischen Arbeitsgestaltung über eine saubere Vorgabezeit und angemessener Entlohnung bis hin zur Arbeitszeit und Schichtplangestaltung - waren ihm ein Herzensanliegen. Als Betriebsrat war er ein kritisches Gegenüber des Managements und zugleich dessen Partner. Hand in Hand mit der Abteilung Industrial Engineering wurden erfolgreich menschengerechte Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitsysteme, unter Beachtung der gesicherten arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, entwickelt und umgesetzt.
Der Begriff Industrial Engineering (IE) - der auch vielen Fachabteilungen in den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie den Namen gab - bezeichnet die Gestaltung, Planung und Optimierung von Leistungserstellungsprozessen, im weitesten Sinne, mit ingenieurwissenschaftlichen Methoden. In der Umsetzung handelt es sich immer um die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Im Operationssaal werden diese Methoden bereits seit Jahren erfolgreich angewandt.
Beim Industrial Enginnering ist die Ausgangsfrage „Welche Anforderungen werden an das Produkt, die Dienstleistung gestellt?“ und „Wie kann der Leistungserstellungsprozess bzw. der Dienstleistungsprozess unter Berücksichtigung aller Parameter - nicht zuletzt der menschengerechten Arbeitsbedingungen - optimal gestaltet werden?“ Am Ende des IE-Prozesses stehen eine hohe Transparenz der Abläufe und die notwendigen Zeiten, der zeitliche Arbeitsanfall sowie der qualitative und quantitative Personalbedarf. Daraus lassen sich optimale Personaleinsatzpläne erarbeiten und auch die den Unternehmen entstehenden Kosten für die Dienstleistung ableiten. Sie sind auch eine Basis für Pflegesatzverhandlungen und Gespräche mit der Politik.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Gesundheits- und Pflegewirtschaft von der Metall- und Elektroindustrie und hier vor allem der Automobilindustrie Managementsysteme adaptiert. Die Zertifizierung, die 1986 in der Automobilindustrie begann, hielt mit einem Time Lag von ca. 15 Jahren Einzug in der Pflegewirtschaft. Heute sind Audits durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und die Heimaufsicht Standard.
Auch wenn der Begriff Industrial Engineering in der Gesundheits- und Pflegewirtschaft etwas sperrig klingt, der Inhalt ist mehr gefragt denn je, denn die qualitativ und körperlich anspruchsvolle Arbeit soll „effektiv und gesund“ getan werden. Ein weites Feld für REFA und eine Wachstumschance.