Wertschöpfung zur Messung der Leistung


Verfasser: Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting, Ockenfels

Die Messung der menschlichen Leistung – die Arbeitsproduktivität – erfolgt durch die Bestimmung des Verhältnisses von Output zu Input. Der Output besteht aus der Anzahl der verkaufsfähigen Einheiten (Gutstücke) und der Input ist die zur Erstellung des Outputs benötigte Zeit (Arbeitszeit). In Zeiten der Wertstromoptimierung lösen sich eine Reihe von Unternehmen von der arbeitswirtschaftlichen Leistungskennzahl Arbeitsproduktivität, basierend auf Menge und Zeit. Stattdessen definieren sie die Wertschöpfung als Output und dividieren diese durch die benötigte Arbeitszeit, um die Arbeitsproduktivität zu ermitteln. Die Festlegung des Leistungsentgelts, also die Kalibrierung des Verhältnisses von Leistung und Entgelt, erfolgt gemeinsam durch Betriebsrat und Management. 

Wertschöpfung in Produktion und Dienstleistung

Die Wertschöpfung je Arbeitsstunde ist eine hervorragende Leistungskennzahl zur Messung der menschlichen Leistung in der Produktion, wenn externe Faktoren wie z. B. Preisschwankungen durch die Verwendung von Verrechnungspreisen ausgeklammert werden. Bei Dienstleistungen ist die Verwendung der Wertschöpfung je Arbeitsstunde differenziert zu betrachten, denn es gibt Dienstleistungen, die direkt proportional zur menschlichen Leistung sind, und solche, die nur bedingt von der menschlichen Leistung abhängen. Als Beispiele kann man Reinigungsarbeiten und die Pflegetätigkeit in der stationären Altenpflege anführen.

Bei der Dienstleistung „Reinigungsarbeiten“ ist die Wertschöpfung ein guter Key Performance Indicator (KPI) für die menschliche Leistung. Betrachtet man sich hingegen die Dienstleistung in der stationären Altenpflege und stellt sich vor, dass aufgrund einer Grippewelle ein Teil der Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt und für sie aufgrund des Pflegenotstandes kein Ersatz zum Einsatz kommt bzw. kommen kann, dann werden die Dienstleistungen auf das leistbare Maß reduziert. Diese Reduktion des Arbeitsumfangs mit dem notgedrungenen Einverständnis der Bewohner in der stationären Altenpflege bzw. ihrer Angehörigen führt nicht zu einer Reduktion der Heimentgelte und damit auch nicht der Wertschöpfung. Die aufgewendeten Arbeitsstunden sinken und damit steigt die Arbeitsproduktivität gemessen in Wertschöpfung je Arbeitsstunde. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität aufgrund zum Teil nicht erbrachter Dienstleistungen nutzen dem Unternehmen und – bei einer Wertschöpfungsprämie – auch den Mitarbeitern. Die Praxis zeigt, dass durch Überprüfungen seitens Dritter, wie z. B. die Audits des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, diese Leistungsabweichungen praktisch nicht identifiziert werden können.

Gestaltung der Wertschöpfungsprämie

Insbesondere bei der Gestaltung von freiwilligen übertariflichen Prämien wird nicht selten mit dem Win-win-Prinzip gearbeitet, bei dem Mitarbeiter und Unternehmen von der höheren Arbeitsproduktivität, der Wertschöpfung je Arbeitsstunde, profitieren. Im vorliegenden Fall kann es zu einer Allianz von Unternehmen und Mitarbeitern zu Lasten der Interessen der Kunden kommen. In der betrieblichen Praxis muss deshalb darauf geachtet werden, dass das Win-win-Prinzip nicht – wie im obigen Beispiel – zu Lasten der Bewohner geht und langfristig der Mitarbeitergesundheit schadet. Möglichkeiten und Grenzen einer Arbeitsproduktivität auf Basis der Wertschöpfung sind deshalb stets kritisch zu prüfen. Darüber hinaus sind Leistungsprämien angemessen zu gestalten bzw. in der Höhe zu begrenzen.

Fazit

Die aufgrund der „Wertschöpfung je Arbeitsstunde“ ermittelte Arbeitsproduktivität ist ein geeigneter Maßstab für die Messung der menschlichen Leistung in der Produktion und auch bei produktionsnahen und -ähnlichen Dienstleistungen. Die Arbeitsproduktivität stößt an ihre Grenzen, wenn die Wertschöpfung von der erbrachten Dienstleistung – der menschlichen Arbeit – entkoppelt wird und das Unternehmen eine Wertschöpfung erzielt, der keine angemessenen Dienstleistungen gegenüberstehen. Bei der Gestaltung des Leistungsentgeltes sind deshalb jeweils die Möglichkeiten und Grenzen der Wertschöpfung angemessen zu berücksichtigen.

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