Wie Toyota zum Vorbild für schlanke Produktionsprozesse wurde


Viele große Erfindungen geschehen aus Versehen: Alexander Fleming entdeckte 1928 zufällig das Penicillin, als er eine Bakterienkultur während seines Urlaubs stehen ließ und Teile dieser nach seiner Rückkehr von einem Schimmelpilz abgetötet waren; Porzellan entstand beim Versuch, Silber in Gold umzuwandeln, und wurde ein begehrtes Luxus-Gut. Obwohl Toyota als Vorreiter für die schlanke Produktion gilt, hatten die Erfinder der flexiblen Produktionssysteme eigentlich etwas anderes vor: Sie wollten den „Fordismus“ kopieren.

Die Produktionsmethoden von Ford galten in der japanischen Automobilindustrie um 1939 als unbedingt nachahmenswert, da die US-Hersteller für die breite Masse bezahlbare Fahrzeuge produzieren konnten. Damit hatten sie schon zwischen 1925 und 1935 in Japan großen Erfolg. Als die Japaner um 1920 noch keine bedeutende Automobilindustrie vorweisen konnten, hatten sich sowohl Ford als auch General Motors mit Tochterfirmen in Japan niedergelassen, um der dort steigenden Nachfrage nach Autos nachzukommen und durch die Kostenvorteile der Massenproduktion Preise anbieten zu können, die immer mehr Kunden bezahlen konnten.

1936 wurde in Japan ein Gesetz zum Schutz der inländischen Hersteller erlassen. Danach durften Unternehmen mit einer Jahresproduktion von mehr als 3000 Fahrzeugen die Fertigung nicht weiter steigern. Daraufhin zogen sich die amerikanischen Unternehmen immer mehr vom japanischen Markt zurück. Mit der Verschlechterung der amerikanisch-japanischen Beziehungen und der Verteuerung der Teile-Importe durch die Abwertung des Yen wurde die Produktion in Japan ab 1939 für die amerikanischen Unternehmen wirtschaftlich uninteressant. Sie gaben den japanischen Markt auf.

Nun sah Toyota die Chance, ganz nach dem Vorbild der Massenproduktion der amerikanischen Hersteller erschwingliche PKW zu produzieren. Allerdings mangelte es an Kapital für die teuren Maschinen, ebenso am Platz für die Aufstellung. Die Bemühungen, dennoch eine Produktionslinie aufzubauen, waren geprägt durch eine Konzentration auf Verbesserungen im Produktionsprozess und durch die Einführung von Qualitätskontrollen. Mit einer klaren Zielausrichtung, dem Streben nach Perfektion und der ständigen Verbesserung der Abläufe wurde versucht, den Absatz zu steigern. Man schaute sich ab, was die US-Unternehmen vormachten und passte dies an die Bedingungen im eigenen Unternehmen an: Im Ergebnis entstanden völlig neue Methoden, die zunächst niemand identifizierte, die den japanischen Automobilherstellern jedoch Ende der 1950er-Jahre einen klaren Wettbewerbsvorteil vor den US-Herstellern einbrachten. Im Westen fragte man sich währenddessen, wie Japan so krisensicher produzieren konnte und glaubte, ungerechte Bedingungen seien daran schuld. Die Seiten kehrten sich um und nun versuchten amerikanische Autohersteller herauszufinden, worin das Erfolgsgeheimnis von Toyota lag.

Es war vor allem eine Studie des „Massachusetts Institute of Technology“ (MIT), die die bei Toyota angewandten Methoden identifizierte und zu Papier brachte. Mit dem Erscheinen des Buches „The Machine that changed the world“ im Jahre 1990, in dem die Toyota-Methoden unter dem Begriff „Lean Production“ zusammengefasst wurden, wurde offensichtlich, welche Vorteile die Produktionswege von Toyota erbrachten und dass diese auch auf andere Märkte übertragen werden konnten. Das Erfolgsrezept von Toyota waren demnach nicht „unfaire Bedingungen“, sondern es bestand in der konsequenten Anwendung von Optimierungsmethoden.

Seither hat sich Lean Production nicht nur in der Industrie bewährt, sondern wird auch in allen anderen Leistungserstellungsprozessen angewandt. Man befreit Abläufe von allem, was nicht zur Wertschöpfung beiträgt und optimiert den Informationsfluss. Die Zufriedenheit und das eigenständige Arbeiten der Mitarbeiter spielt beim Lean-Gedanken eine große Rolle. Die Lean-Production ist auf das Know-how derer angewiesen, die die Maschinen bedienen und Abläufe planen. Sie sind die Experten für weitere Verbesserungen. Durch flexible Systeme lassen sich Fehler leichter erkennen und ausbessern, man kann kundenorientiert arbeiten und auf veränderte Bedingungen schnell reagieren.

Der Gedanke der flexiblen Arbeitsweise ist demnach für Schwankungen jeglicher Art vorteilhaft. Deshalb ist es wichtig, dass Fachkräfte vielseitig ausgebildet sind und man deren gesamtes Potenzial nutzt, anstatt sie zu Spezialisten für nur einen Bewegungsablauf auszubilden. Wenn Arbeitgeber die Verantwortung an diejenigen übertragen, die die Arbeit ausführen, können Probleme zeitnah an der Quelle ihrer Entstehung erkannt und gelöst werden – und nicht erst, wenn die Verkaufszahlen bereits im Keller gelandet sind.

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Quellen:

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