Die Zukunft im Fokus
Tagung von REFA Nahrung und Genuss bei Dr. Oetker
Was noch 2019 als visionär galt, ist heute vielfach schon Realität: Kunden kaufen Produkte des täglichen Bedarfs in automatischen Verkaufsstellen ein, Lebensmittel werden online bestellt und in kürzester Zeit von Boten gebracht, Paketdienste erproben die Auslieferung von Waren per Drohne. Diese und andere Ansätze für Innovationen wurden auf der Fachtagung der REFA-Branchenorganisation Nahrung und Genuss, die bei der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG in Bielefeld stattfand, skizziert und diskutiert.
Das Thema vertiefte Prof. Dr. Maik Schürmeyer von der Hochschule Niederrhein im Rahmen seines Vortrags „Innovative Lebensmitteldistribution auf der letzten Meile“. Obwohl rund zwei Drittel der Verbraucher in Deutschland mit den bestehenden Einkaufsmöglichkeiten zufrieden sind, sind in der Logistik viele Veränderungen auf der letzten Meile zu erwarten. Die Lebensmittellogistik wird sich daher weiter spezifizieren – und das, obwohl die Kosten bereits etwa anderthalb Mal höher sind als in der Fahrzeuglogistik. Lebensmittelanbieter haben Konsumententrends wie Produkt-Transparenz, den zunehmenden Wunsch nach saisonalen und regionalen Lebensmitteln, aber auch nach Convenience-Food sowie eine stärkere Nachfrage nach Kühl- und Tiefkühl-(TK-)Produkten zu berücksichtigen. Daher sind gerade im Bereich der Logistik zahlreiche Innovationen zu erwarten.
Auch die Personalsituation in der Lebensmittelbranche wurde beleuchtet. Christof Küchler, Vorstand der New Placement AG, berichtete in seinem Vortrag „Outplacement – Wertschätzung und Aufbau nach dem Abbau“ über modernes Personalmanagement, das über die Trennung von Mitarbeitern oder Führungskräften hinausgeht. Outplacement bedeutet, den von einer Entlassung Betroffenen mit Coaching und Methodik den Weg zu einer neuen Aufgabe zu ebnen. Das Motto lautet: „Eine Abfindung ist endlich – Zukunft nicht!“ Das Vorgehen nach dem New-Placement-System ist dabei strategisch: Ausgangspunkt ist der „Ist-Job“. Die nächsten Stufen sind dann der „Next-Job“ und die „Chance danach“, um letztendlich zum „Perspektiv-Job“ zu gelangen. Ohne eine Outplacement-Unterstützung, die detailliert Wege aufzeigt, ist eine solche Entwicklung oft nicht umzusetzen. Die New Placement AG setzt dagegen auf die Top-Vermarktung der Leistung und Erfahrung des Kandidaten, um beste Ergebnisse bei der Jobvermittlung.
Hohe Qualität durch systematische Produktentwicklung
Ein weiterer Themenblock der Tagung bestand in der Vorstellung der gelebten Praxis bei Dr. Oetker, dem gastgebenden Unternehmen. Vor dem Einstieg in das Thema „Produktentwicklung“, das anhand eines Desserts veranschaulicht wurde, ging Birgit Deker, die langjährige Senior PR-Managerin in der Bielefelder Konzernzentrale, auf die Geschichte der international agierenden Oetker-Gruppe ein. Dabei wurde deutlich, dass der Name „Dr. Oetker“ für eine lange Familientradition steht. Diese begann 1891 mit Übernahme der Aschoffschen Apotheke in Bielefeld durch den Apotheker Dr. August Oetker, der 1893 das Backpulver „Backin“ entwickelte – und damit den Grundstein des Erfolgs legte. Im Laufe der Zeit kamen unterschiedliche Marken und Produkte dazu, sodass das Unternehmen nun in rund 40 Ländern weltweit vertreten ist. Zum Sortiment von Dr. Oetker gehören heutzutage nicht nur Backzutaten, Fertigkuchen und Desserts sowie Dessertpulver, sondern auch Müslis, Einmachhilfen sowie Milch- und Sahneprodukte. Hinzugekommen sind zudem TK-Gerichte wie Pizzen, aber auch Snacks. Das Unternehmen mit seinen rund 26.000 Mitarbeitern und 300 Betrieben hat Themen wie Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung fest in seiner Mission verankert. Es stellt sich den Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung und Internationalisierung und sucht nach neuen strategischen Wegen, um die Zukunft zu gestalten. Dazu gehören unter anderem Digitalisierungsprojekte, neue Vertriebsformen und alternative Geschäftsmodelle wie backen.de und deineTorte.de. Diese „Dr.-Oetker-Welt“ sei wirklich einen Besuch wert, war die einhellige Meinung der Teilnehmer.
Nach dieser Einführung führte Dr. Konrad Hörstmann-Jungemann, damals Abteilungsleiter Produktentwicklung Dessert, anhand von Beispielen durch die verschiedenen Projektphasen im Produktentwicklungsprozess. Das Produkt wird dabei abgestimmt auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Kundschaft, die vom Marketing – als Steuerungsinstrument der Produktentwicklung – durch Meinungsumfragen und Marktanalysen erhoben werden. Die hohe Produktqualität ist dabei für Dr. Oetker von oberster Priorität. Die sorgfältige Auswahl der Zutaten und eine Entwicklung von Rezepturen auf Basis der Verbraucherwünsche sind daher wesentliche Bestandteile des Qualitätsversprechens des Unternehmens.
Die Teilnehmer der Fachtagung konnten als Testesser fungieren und dabei live miterleben, wie ein neues Dessertprodukt von Mitarbeitern der Sensorik getestet wird. Petra Bennwitz, damals Leiterin Sensorik, erklärte, dass diese Sensorik-Tests normalerweise mit Konsumenten durchgeführt würden. So seien mehr als 4.500 Personen als „Heavy User“ der zu testenden Produkte als Testesser registriert. Das Ziel ist, wie Verbraucher die Produkte wahrnehmen: Kriterien sind unter anderem Geschmack, Aussehen, Geruch, Haptik und Mundgefühl. Die Ergebnisse dieser Tests geben wertvolle Hinweise darauf, ob ein neues Produkt eine Chance am Markt hat.
Der Tagungsleiter Uwe Grebe forderte als Vorsitzender der REFA-Branchenorganisation Nahrung und Genuss die Teilnehmer auf, sich auch in ihren Unternehmen auf die Herausforderungen der Zukunft einzustellen. Denn Flexibilität und Agilität, Vernetzung und Digitalisierung sowie Kommunikation und wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern und Kunden seien die Erfolgsfaktoren der Zukunft.
– Uwe Grebe –