REFA vs. Spaghetti-Durcheinander


Wie bei Gräber Feinwerktechnik die Betriebsprozesse optimiert wurden

Spaghetti-Durcheinander in der Maschinenhalle war nur eins von mehreren Problemen bei der Gräber Feinwerktechnik GmbH & Co KG aus Trappenkamp. Mit Hilfe von REFA-Methoden stellten die Verantwortlichen alle Prozesse auf den Kopf. Jetzt herrscht Ordnung.

Produktionsleiter Thomas Stangl (rechts) zeigte bei einem Vor-Ort-Termin Anfang Februar, was vorher ungünstig lief und welche REFA-Instrumente eingesetzt wurden. Mit dabei waren auch Firmenchef Michael Gräber (links) und Martin Lott, Geschäftsführer des REFA Nordwest Regionalverbands Nord (Mitte).

Die Gräber Feinwerktechnik GmbH hat sich auf die Entwicklung, Konstruktion, Produktion und den Vertrieb feinmechanischer und elektrischer Baugruppen und Komponenten spezialisiert. Thomas Stangl: „Die Herstellung erfolgte bis Sommer 2016 in Eigenproduktion – allerdings nach Grundsätzen von ,Anno Tobak'.“ Das habe so nicht mehr weitergehen können. Gräber ergänzt: „Wirtschaftlichkeit, Ressourcenverbrauch und Materialeffizienz lagen weit weg von aktuellen Standards.“ Stangl, selbst REFA-Arbeitsorganisator, entwickelte das Verbesserungskonzept und bekam die Umsetzungs-Freigabe. Gräber: „Die Prozesse mussten neugestaltet und in ein modernes ERP-System implementiert werden.“

Stangl sowie das Team der am Projekt beteiligten Unternehmensberatung AEQ nahmen die Aufbau- und Ablauforganisation sowie Schnittstellen unter die REFA-Lupe. Besonderes Augenmerk richteten die Beteiligten dabei auf potenzielle Verschwendungen. Martin Lott konkretisiert: „In der REFA-Lehre unterscheiden wir sieben verschiedene Arten. Dazu gehören Arbeiten ohne Wertschöpfung, Überproduktion, Wartezeiten und eine schlecht organisierte Logistik.“ Hinzu kämen überflüssige Bewegungen, Fehler und unnötiger Zeitaufwand durch Kommunikationsprobleme.

Die Fertigung verlief im Zickzack-Kurs durch die Halle

Stangl beschreibt die Ausgangssituation in der Fertigung. „Die Produktionsstätte hat vier Ausbaustufen. Im Laufe der Jahre seien die Maschinen so angeordnet worden, wie es gerade passte. Stangl: „Das Resultat war eine Art Spaghetti-Fluss. Die Teile wanderten im Herstellungsverlauf kreuz und quer durch die Halle.“ Gräber ergänzt: „Die überflüssigen Wege und Wartezeiten führten zu einer hohen Durchlaufzeit.“ Durch die angearbeiteten Aufträge in der Warteschleife sei zu viel Kapital gebunden worden.

Der Produktionsleiter erstellte eine Transporttabelle nach Sankey. Dieses Tool wird auch in der REFA-Lehre vermittelt. Lott beschreibt die Vorgehensweise: „Es geht dabei um die Anordnung der Produktionsmaschinen nach dem Haupt-Materialfluss in das Korsett der bestehenden Gebäude-Struktur.“ Stangl beschreibt das Ergenbis: „Das hatte bei uns eine enorme Wirkung mit viel höherer Wertschöpfung und Zeitersparnis.“

Und dann benennt Stangl eine wichtige Zusatz-Anforderung: „Der Arbeitseinsatz unserer Mitarbeiter unter ergonomischen Gesichtspunkten war ebenfalls ein Ansatzpunkt für Optimierungen.“ Auch in dieser Hinsicht biete die REFA-Lehre einen Fundus an Herangehensweisen und Methoden. Stangl: „Jeder Mensch ist individuell. Und das muss bei der Arbeitsplatzgestaltung berücksichtigt werden.“

Ansatzpunkte bei REFA seien deshalb die am Arbeitsplatz und in der Umgebung eingesetzten Technik-Bestandteile, Werkzeuge und Hilfsmittel. Gräber betont: „Die Arbeitsorganisation wirkt sich ebenfalls auf die Gesundheit aus.“ Es müsse einen Ausgleich geben durch Aufgaben-Vielfalt und Belastungswechsel. Deshalb steuern die Akteure auch Aufträge in die Produktion mit ein, die eigentlich erst zu einem späteren Zeitpunkt an der Reihe sind. Stangl nennt einen weiteren Vorteil: „So können wir den Kunden bestellte Teile oft schon viel früher zur Verfügung stellen.“

Weitere Ziele bestanden darin, die „Zettelwirtschaft“ zugunsten einer weitgehend papierlosen, digitalisierten Auftragsabwicklung abzuschaffen. Stangl: „Dazu führen wir ein neues ERP-System ein. Dieses enthält ein integriertes Daten-Management System.“ Daten werden über das Einscannen von Barcodes erfasst. Auch die Produktentwicklung verläuft digitalisiert. Gräber: „Wir arbeiten mit einem modernen CAD/CAM-System.“ Die Programmierung für die Dreh- und Fräsmaschinen sowie Stanzmaschinen sorge für durchgängige Prozesse, minimiere Durchlaufzeiten und erhöhe die Zuverlässigkeit. „So erreichen wir ein Höchstmaß an Qualität, Prozesssicherheit und Kosteneffizienz“, erläutert der Firmenchef.

Im Vordergrund das fertige Teil, am Bildschirm das 3D-Modell. Einfacher geht es nicht. (Fotos: Kerstin Hagge)

In einem internen Netz können 3D-Modelle abgelegt und weiterverarbeitet werden. „Das gilt auch für Fremddaten. Früher mussten wir aus diesen eigene Modelle erstellen.“ Die Arbeitsabläufe sind digitalisiert und die vernetzten Maschinen kommunizieren direkt miteinander. Alles ist abgesichert durch Hochleistungsserver und ein ausgefeiltes Datensicherungskonzept.

Gräber und Stangl sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen dieser Umstellung. „Wir haben geringere Rüstzeiten, niedrigere Warenbestände und eine bessere Auslastung von Mensch und Maschine“, sagt der Firmenchef. Hinzu komme die Reduzierung von Papier, Toner und Abfall. Der Produktionsleiter fügt hinzu: „Alle Produktionsschritte werden im Datenmanagement-System erfasst. Jeder beteiligte Mitarbeiter kann darauf zugreifen.“

Die Umstrukturierung hatte nach Einschätzung von Firmenchef und Produktionsleiter eine direkte Wirkung auf die Belegschaftsmitglieder: Gräber: „Dadurch sind unsere Mitarbeiter noch engagierter und viel zufriedener. Dank unseres REFA-Fachwissens konnten wir das prima umsetzen.“ Deshalb sei auch geplant, weitere Teammitglieder mit REFA-Weiterbildungen zu qualifizieren. „Dann werden auch der Aufbau einer modernen Arbeitsvorbereitung und die Implementierung einer neuen Beschichtungsanlage zum Kinderspiel“, sagt Stangl.

– Birgit Lutzer –

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