Die Aufbauorganisation umfasst die strukturellen Elemente eines soziotechnischen Systems, also zum Beispiel einer Firma, einer Verwaltung, eines Instituts oder einer anderen formalen Einrichtung. Sie besteht aus verschiedenen hierarchisch gegliederten Einheiten, deren Zusammenhang meist in Form eines Organigramms dargestellt wird.
Die darin abgebildeten Bestandteile werden in der Regel top-down aufgeführt: So können beispielsweise Divisionen oder Geschäftsfelder bei Großkonzernen über Niederlassungen oder Betriebsstätten weiter differenziert werden in Abteilungen und letztlich einzelne Stellen – von der Leitungsposition bis hin zur Hilfskraft. Gleiches gilt für den Verwaltungsapparat der öffentlichen Hand, bei dem dann im Prinzip vom Ministerium über Behörden bis hin zu Ämtern, Ressorts und Einzelarbeitsplätzen die Struktur sichtbar wird.
Zuständigkeiten sichtbar machen
Das Organigramm bildet das statische Grundgerüst der Aufbauorganisation ab. Visualisiert werden darin die vorhandenen Komponenten sowie die Zuständigkeiten einzelner Einheiten bei der arbeitsteiligen Durchführung der Geschäftsvorgänge zum Erreichen der Organisationsziele. Unterschieden wird dabei nach Aufgabengebieten bzw. Arbeitsaufgaben. Dies kann bis auf die Ebene der Stellen und einzelnen Personen erfolgen.
Sichtbar werden so auch die Abhängigkeiten und die Schnittstellen zwischen den einzelnen Organisationseinheiten bzw. Arbeitsbereichen. Auch hier können Zuständigkeiten und Kompetenzen bis hin zu verschiedenen Positionen und den dort beschäftigten Mitarbeitern verfolgt werden. Herausgehoben werden dabei die Stellen, denen Entscheidungskompetenzen und Weisungsbefugnisse sowie Aufsichtspflichten und Kontrollrechte zugeordnet werden. Diese auch Instanzen genannten Positionen bilden das sogenannte Leitungssystem.
Grundstrukturen der Aufbauorganisation
Die drei zentralen Aspekte, die sich im Leitungssystem widerspiegeln, sind:
- die Weisungsbeziehungen. Wer ist disziplinarisch und/oder fachlich verantwortlich?
- die Gliederungstiefe des Stellengefüges. Über wie viele Ebenen oder Hierarchiestufen reicht die Zuständigkeit?
- die Gliederungsbreite der einzelnen organisatorischen Ebenen. Wie groß ist die Anzahl der Mitarbeiter pro Führungskraft, also die Leitungsspanne?
Je nach Abgrenzung und Verknüpfung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Leitungssystem ergeben sich unterschiedliche Organisationsstrukturen. Als klassische Grundmuster gelten die Linien-Organisation, die Stab-Linien-Organisation, die Mehrlinien-Organisation und die Matrix-Organisation.
Linien-Organisation
Das Grundprinzip der Linien-Organisation ist der streng hierarchische Aufbau. Der Geschäftsführung werden die Abteilungen untergeordnet. Die jeweiligen Abteilungen werden von einer Abteilungsleitung geführt, die das fachliche und disziplinarische Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeitern in dieser Organisationseinheit ausübt.
Die Kommunikation erfolgt vertikal in der jeweiligen Abteilung. Top-down besteht das Prinzip der Auftragserteilung und Delegation; bottom-up muss der Dienstweg eingehalten werden, bei dem keine Hierarchiestufe übersprungen werden darf.
Als Vorteile ergeben sich aus der klaren Zuordnung der Verantwortlichkeiten, dass das System stabil ist und sich sowohl leicht koordinieren als auch kontrollieren lässt. Nachteile dieser Organisationsform sind die langsame Kommunikation über alle Instanzen bei gleichzeitiger Informationsfilterung in jeder Leitungsebene und die hohe Belastung der Führungskräfte als Entscheider. Dies führt zu schwerfälligen Reaktionen auf sich oftmals schnell ändernde Märkte und Kundenwünsche oder neue Technologien. Die Formalisierung des Vorgehens führt zu einer Anfälligkeit für Bürokratismus, die auch die Einführung neuer oder die Änderung bestehender Verfahrensweisen behindert.
Stab-Linien-Organisation
Bei der Stab-Linien-Organisation wird das Grundprinzip der Linienorganisation beibehalten, aber durch eine neue Struktur ergänzt. Eine oder mehrere Stabsstellen werden zusätzlich eingerichtet oder, bei größerer personeller Ausstattung, als Stabsabteilungen etabliert. Sie fungieren als Leitungshilfsstellen und übernehmen Sonderaufgaben oder abteilungsübergreifende Funktionen. Typische Arbeitsfelder von Stabsstellen sind beispielsweise das Qualitätsmanagement, das Umweltmanagement, der Arbeitsschutz oder der Datenschutz. Aber auch Abteilungen mit Querschnittsaufgaben wie die Buchhaltung oder die Personalabteilung können als Stabsabteilungen organisiert werden.
Die Kommunikation läuft einerseits zwischen Stab und Geschäftsführung, da die Stabsstellen diesem Leitungsgremium direkt untergeordnet und berichtspflichtig sind. Mit den Instanzen und Mitarbeitern in der Linie wird „quer“ über alle Abteilungen kommuniziert. Dabei unterstützen Stabsstellen die Führungskräfte bei der Erfüllung ihrer Leitungsfunktion, allerdings ohne disziplinarische Zuständigkeit; der Stab hat keine Entscheidungs- und Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern. Angehörige einer Stabsabteilung können aber die Anliegen der Beschäftigten aufnehmen und an die zuständigen Stellen weiterleiten.
Der Vorteil einer Stabsstelle oder Stabsabteilung liegt in der Entlastung von Geschäftsführung und Leitungsfunktionen in der Linie, bei Beibehaltung der Verantwortlichkeiten. Als Nachteil erweist sich allerdings, dass Angehörige von Stabsabteilungen von den Fachabteilungen aufgrund mangelnder Befugnisse oft als wirkungslos wahrgenommen werden. Da sie nicht direkt zur Wertschöpfung beitragen, wird ihnen zudem häufig nachgesagt, sie seien praxisfremd oder behinderten das Erreichen der Organisationsziele.
Mehrlinien-Organisation
In der Mehrlinien-Organisation sind die Mitarbeiter nicht fest einer Abteilung samt deren Leitung zugeordnet. Das System beruht auf dem Prinzip der Mehrfachunterstellung. Führungskräfte können abteilungsübergreifend Mitarbeiter anweisen und koordinieren. Das Abteilungsdenken – auch als Silodenken bezeichnet – wird aufgehoben und durch eine Prozesssicht ersetzt, in der der Wertstrom oder die Wertschöpfungskette mit ihren komplexen Abläufen im Vordergrund steht. Mitarbeiter übernehmen Aufgaben auch anderer Arbeitsbereiche, sind also beispielsweise nicht nur in der Produktion, sondern auch in der Verwaltung und im Marketing tätig, um als Produktspezialist Begleitpapiere und Werbemateriealien zu erstellen. Theoretisch können solche Mitarbeiter also in allen Arbeitsbereichen eingesetzt werden.
Von Vorteil ist, dass die Kommunikationswege so deutlich verkürzt und bei den Beschäftigten vorhandene Kompetenzen umfassender genutzt werden können. Dies erleichtert es, Entscheidungen schneller zu treffen und Durchlaufzeiten von Prozessen zu beschleunigen.
Nachteilig ist die Gefahr der fehlenden klar definierten Schnittstellen und Verantwortlichkeiten. Bei Funktionsüberschneidungen kann sich erhöhter Abstimmungsbedarf ergeben. Kompetenzstreitigkeiten demotivieren die Mitarbeiter und verursachen Unsicherheit.
In der Praxis wird diesen Nachteilen oftmals durch eine eindeutige disziplinarische Unterstellung begegnet, die um eine fachliche oder funktionale Zuordnung ergänzt wird. Die entsprechenden Kompetenzen werden damit unter einer Fach- und einer Führungskraft aufgeteilt.
Matrix-Organisation
Die Matrix-Organisation behält die Grundstruktur der Organisation bei, orientiert sich bei der Zuordnung der Beteiligten aber an den laufenden und geplanten Projekten. Die vertikale funktionale Abteilungsstruktur wird dabei von einer horizontal ausgerichteten produkt- oder auch prozessorientierten Struktur überlagert. Die Angehörigen der verschiedenen Abteilungen arbeiten damit sowohl für die Organisationseinheit, in der sie fachlich angesiedelt sind, als auch, als Mitglieder in einem Projektteam, übergreifend mit anderen Abteilungen zusammen. Daraus ergibt sich eine Mehrfachunterstellung: Weisungsberechtigt sind sowohl die Führungskräfte der funktionsbezogenen Abteilungen als auch die objektbezogenen Produktmanager als Teamleiter.
Die Kommunikation erfolgt sowohl horizontal über die Mitarbeiter aller Abteilungen, die an dem Projekt beteiligt sind, als auch vertikal zwischen Fach- und Führungskräften sowie der Projektleitung und den beteiligten Beschäftigten. Der intensive Austausch zwischen Abteilungen und Projektteams erlaubt eine hohe Flexibilität bei der Durchführung des Projekts, ist aber aufwendig.
Die Vorteile liegen insbesondere bei spartenübergreifenden Projekten (z. B. Change-Projekte, Marketingaktionen) bei der aufgabenorientierten Teamarbeit: Die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit schafft und nutzt Synergien und fördert durch die ganzheitliche Sichtweise Innovationen. Erkauft wird dies mit dem Nachteil eines hohen Kommunikations- und Koordinierungsaufwands. Zudem ist es oft schwierig, die Verantwortlichkeiten gegeneinander abzugrenzen und Schnittstellen zu vereinbaren.
Fazit
Die Aufbauorganisation bildet das statische Grundgerüst eines soziotechnischen Systems ab. Welche Struktur dafür gewählt wird, hängt von Faktoren wie der Größe der Organisation, der Art und Anzahl der Komponenten, der Anzahl der Organisationsmitglieder und insbesondere dem Selbstverständnis der obersten Leitung sowie der daraus resultierenden Führungs- und Organisationskultur ab.
Streng hierarchische Systeme wie Behörden oder patriarchalisch geführte Familienunternehmen werden mit großer Wahrscheinlichkeit eine reine Linien- oder eine Stab-Linien-Organisation umsetzen. Unternehmen, die den Lean-Management-Ansatz verfolgen, werden den Aufbau als Mehrlinien- oder Matrix-Organisation bevorzugen. Damit sind sie in der Lage, schnell auf die wechselnden Bedürfnisse des Marktes zu reagieren und das dafür notwendige hohe Maß an Eigenverantwortung der Mitarbeiter zuzulassen.