„Just in time“ (JIT), oft übersetzt mit „lagerloser Fertigung“, ist ein Dispositionsverfahren zur Materialbeschaffung und Lieferung. Bauteile, Werkstoffe oder andere Bedarfsmaterialien werden dabei in der gerade benötigten Menge erst zu dem Zeitpunkt (an)geliefert oder bereitgestellt, wenn sie tatsächlich im Rahmen des Herstellungsprozesses gebraucht oder vom Abnehmer bzw. Kunden angefordert werden.
Zulieferer und Abnehmer
Zulieferer, die nach dem Just-in-time-Prinzip arbeiten, sind vielfach im Automotive-Bereich tätig. Als Hersteller von Fahrzeugkomponenten, Bauteilen oder Modulen (Original Equipment Manufacturers, OEMs) werden sie von den Automobilherstellern verpflichtet, die benötigten Teile zu genau definierten Zeiten bzw. nach elektronischer Anforderung anzuliefern, damit die kontinuierliche Produktion auch ohne kostspielige Lagerhaltung gewährleistet werden kann.
Als Abnehmer treten die nachgelagerten Stufen in der Wertschöpfungskette auf (B2B, Business-to-Business). Dazu gehören nicht nur weitere produzierende Unternehmen, sondern auch Vertriebsgesellschaften wie beispielsweise Groß- oder Einzelhandelsorganisationen. Hier werden Warenwirtschaftssysteme eingesetzt, mit denen die Verkäufe erfasst und automatisch mit den Lagerbeständen abgeglichen werden. Beim Unterschreiten bestimmter Lagerkennzahlen werden per „Internet of Things“ (IoT) Nachbestellungen ausgelöst.
Auch an Endkunden oder Verbraucher (B2C, Business-to-Consumer) kann ohne Lagerhaltung direkt zum gewünschten Termin ausgeliefert werden. Voraussetzung ist die auf die Anforderungen der Kundschaft abgestimmte – unter Umständen auch bis hin zur „Losgröße 1“ individualisierte – Produktion. Die Fertigung von Sachgütern kann so mithilfe der Lean Production und nach dem Just-in-time-Prinzip an die Kundenbedürfnisse angepasst werden, um eine Lagerhaltung von Endprodukten zu vermeiden.
Der Wertstrom: optimiert
Die Just-in-time-Strategie zielt darauf ab, den gesamten Materialfluss und damit den Wertstrom in der Supply Chain zeitlich so aufeinander abzustimmen, dass keine Warte- und Stillstandszeiten auftreten. Da Sachgüter immer nur in der gerade benötigten Menge zur Verfügung gestellt werden, kann der komplette Wertschöpfungsprozess schlanker gehalten werden – das ist die Idee hinter der Lean Production. Prozesse werden nicht durch ein Übermaß an Materialien oder durch im Weg stehende Teile behindert, Produkte fließen sofort ab – hier kann auf Methoden wie Kanban zurückgegriffen werden, um dies umzusetzen. Das Resultat sind reduzierte Durchlaufzeiten, höhere Termintreue, eine minimale Lagerhaltung und damit ein geringerer Einsatz von Ressourcen wie Kapital, Fläche bzw. Räumlichkeiten und Personal. Die höhere Effizienz hilft dabei, den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zu sichern und zu steigern.
Erhöhte Wettbewerbsfähigkeit
Im globalen Wettbewerb müssen sich Unternehmen über den Preis, die Qualität oder das an den Kundenbedürfnissen orientierte Angebot von der Konkurrenz abheben. Bei allen drei Faktoren spielt der interne Wertschöpfungsprozess eine ausschlaggebende Rolle.
Das Just-in-time-Prinzip kann hier als Baustein und im Zusammenspiel mit der Lean Production entscheidend sein: Dank geringer Lagerbestände können Unternehmen schneller auf sich ändernde Markt- und Kundenbedürfnisse reagieren. Die Auswahl der Lieferanten kann danach erfolgen, wie schnell und flexibel diese sich an die geänderten Anforderungen in Bezug auf Produkte und Produktvarianten anpassen können. Die Qualität kann durch rasche Verfügbarkeit neuer oder verbesserter Teile und Materialien gesteigert werden – und der Preis ist eher marktfähig, da die teure Lagerhaltung und damit auch ein Teil der Logistik entfällt.
Voraussetzung: eine enge Verzahnung
Das Just-in-time-Prinzip funktioniert nur, wenn die Beteiligten an der Wertschöpfungskette, der Supply Chain, eng miteinander kooperieren. Produzierende Unternehmen und ihre Lieferanten müssen die internen und externen Abläufe detailliert planen und aufeinander abstimmen. Die Vernetzung über elektronische Kommunikationsmittel und eine möglichst weitgehende Automatisierung der Abläufe ist eine der Voraussetzungen dafür.
Als problematisch kann sich die daraus resultierende Abhängigkeit der Partner untereinander erweisen: Gerade in globalisierten Lieferketten besteht das Risiko von Lieferengpässen, Preissprüngen oder unvorhergesehenen Änderungen der gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die eine Lieferung „just in time“ vereiteln können.