Bei der Metra-Potenzial-Methode (MPM) handelt es sich um eine Technik, Netzpläne zu erstellen. Dies sind präzise, aber auch – je nach Ausgestaltungsgrad – aufwendige Instrumente, um Projekte und betriebliche Prozesse in ihrer zeitlichen Reihenfolge und mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten abzubilden.
Ein solcher Netzplan ermöglicht durch die strukturierte Darstellung der einzelnen Schritte eine genaue Planung und Steuerung von Projekten oder Prozessen.
Mithilfe dieser Übersicht wird es einfacher, die Abläufe zu optimieren, da Schwachstellen erkannt und mögliche Engpässe vermieden werden können. Da Netzpläne und somit auch die MPM auf logischen Prinzipien und Rechenverfahren beruhen, wird insbesondere bei komplexen Vorhaben der Einsatz von Software-Programmen zur Projektorganisation und -überwachung sowie bei der Steuerung des Zeitmanagements von (Teil-)Projekten unverzichtbar.
Die Grundlage: der Vorgangsknoten-Netzplan
Die Metra-Potenzial-Methode basiert, wie alle Netzpläne, auf der Graphentheorie. Projekte und Prozesse werden bei der MPM in Form eines Vorgangsknoten-Netzplans dargestellt.
Das Netz besteht aus Knoten und Pfeilen. Knoten repräsentieren Vorgänge; diese werden in Form eines Rechtecks dargestellt. Die Pfeile bilden die Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen ab und verknüpfen damit die Knoten untereinander logisch. Jeder Pfeil, der von einem Knoten ausgeht, muss zu einem anderen Knoten führen. In der ursprünglichen Version gab es dabei nur Ende-Anfang-Beziehungen, in neueren Vorgangsknoten-Netzplänen werden Anfang-Anfang-, Ende-Ende- und Ende-Anfang-Beziehungen unterschieden. Durch die Verbindung mehrerer Vorgänge entstehen lineare, parallele oder auch zyklische Abfolgen von Geschehnissen, die als Wege oder Pfade bezeichnet werden.
Den einzelnen Vorgängen wird jeweils eine Zeitangabe zugeordnet, die die Dauer dieses Vorgangs angibt. Die zeitlichen Abstände zwischen zwei Vorgängen werden durch eine Beschriftung der Pfeile kenntlich gemacht. Minimalabstände erhalten positive, Maximalabstände negative Zahlenwerte. Da jeder Vorgang nominell in zwei Vorgänge („Anfang“ und „Ende“) mit Dauer null aufgeteilt und die Zeiten dazwischen mit Minimal- und Maximalwerten angegeben werden können, lassen sich prinzipiell alle zeitlichen Ablaufbedingungen mathematisch beschreiben.
Vorbereitende Arbeiten
Um Projekte oder Prozesse mit der Metra-Potenzial-Methode darstellen zu können, muss der Gesamtablauf in kleinere Einheiten zerlegt werden. Dies sind beispielsweise die Arbeitspakete bis zum Erreichen von Meilensteinen. Diese werden dann weiter in einzelne Vorgänge aufgespalten, die ohne Unterbrechung ablaufen. Charakteristisch für diese Vorgänge ist der gleichbleibende Ressourceneinsatz pro Zeiteinheit. Werden die auftretenden Abhängigkeiten in Form von technologischen und mittelabhängigen Beziehungen berücksichtigt, lassen sich so die Anfangs- und Endzeitpunkte mit dem jeweils frühestmöglichen und spätestzulässigen Termin bestimmen.
Die Vorgangsdauern sind jeweils zu berechnen, abzuschätzen oder aus dem vorhandenen Erfahrungsschatz aus früheren Arbeiten zu entwickeln. Bei dieser Aufstellung der Elemente des Netzplans und der folgenden Visualisierung ist eine Projektmanagementsoftware hilfreich. Die grafische Darstellung sollte eine durchgängige Flussrichtung aufweisen, üblicherweise von links nach rechts oder von oben nach unten.
Den maximalen Informationsgehalt hat ein Vorgangsknoten-Netzplan, der gemäß MPM aufgestellt wurde, in der folgenden Darstellungsweise.
Inhalt des Vorgangsknotens:
1 Vorgänger-Identifikation; 2 Vorgangsnummer; 3 Nachfolger-Identifikation
4 Vorgangsname
5 frühester Anfangstermin; 9 Dauer des Vorgangs; 7 frühestmöglicher Endtermin
6 spätester Anfangstermin; 10 freie Pufferzeit; 8 spätester Endtermin
Pfeil
11 Bedingung der Anordnungsbeziehung
Berechnung der Anfangs- und Endzeitpunkte
Jeder Vorgang weist in seinem zeitlichen Ablauf zwei Termingrenzen auf: Der Beginn kann nicht vor einem frühest(möglich)en Anfangszeitpunkt liegen, der Abschluss darf einen spätest(zulässig)en Endzeitpunkt nicht überschreiten. Das Errechnen dieser Zeitpunkte kann in zwei Schritten erfolgen: durch eine Vorwärts- und eine Rückwärtsrechnung, die idealerweise beide ausgeführt werden sollten, um eine höhere Sicherheit bei der Terminplanung zu erreichen.
- Die Vorwärtsrechnung beginnt beim Startpunkt des Prozesses oder Projekts. Berechnet wird der frühestmögliche Starttermin für den jeweils nächsten Vorgang bzw. die direkt folgenden Vorgänge. Wenn ein Vorgang mehrere parallel ablaufende Vorgänger hat oder diese sich zeitlich überschneiden, liegt sein frühestmöglicher Beginn nach dem frühesten Ablauf des am spätesten endenden Schritts.
- Die Rückwärtsrechnung beginnt beim Endzeitpunkt des Projekts oder Prozesses. Bei allen Knoten wird durch Abzug der jeweiligen minimalen Dauer des Vorgangs vom spätestmöglichen Endtermin deren späteste Anfangszeit errechnet. Wenn ein Vorgang mehrere parallel ablaufende Nachfolger hat oder diese sich zeitlich überschneiden, liegt sein spätester Beginn bei der um die minimale Vorgangsdauer verminderte Startzeit des frühestfolgenden Nachfolgers.
Pufferzeiten
Durch Vorwärts- und Rückwärtsrechnung lassen sich die frühestmöglichen und die spätestzulässigen Anfangszeitpunkte der Vorgänge ermitteln. Die Zeitspanne zwischen diesen beiden Extremwerten ist die Pufferzeit: In dieser liegt der tatsächliche Beginn eines Vorgangs, wenn der frühestmögliche Termin nicht gleichzeitig der spätestzulässige ist. Ist dies der Fall, ist die Pufferzeit also null, dann handelt es sich um einen kritischen Vorgang, bei dem keine Verzögerungen eintreten dürfen.
Bei den Pufferzeiten unterschieden werden die freie und die unabhängige Pufferzeit:
- Die freie Pufferzeit ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang von seinem planmäßigen – frühestmöglichen – Anfangszeitpunkt nach hinten verschoben werden kann, ohne den frühestmöglichen Beginn des nachfolgenden Vorgangs zu beeinflussen.
Die Berechnung kann vorwärts und rückwärts durchgeführt werden: Vorwärts, indem zum frühesten Startzeitpunkt des Vorgangs dessen Dauer addiert und der erhaltene Wert vom frühestmöglichen Startzeitpunkt des Nachfolgevorgangs subtrahiert wird. Rückwärts, indem vom frühestmöglichen Startzeitpunkt des nachfolgenden Vorgangs die Dauer des Vorgängers subtrahiert und die Differenz zum frühestmöglichen Startzeitpunkt des Vorgängers ermittelt wird. Bei mehreren nachfolgenden Vorgängen muss die Differenz zu deren jeweils frühestmöglichen Anfangszeiten ermitteln werden, da keiner der nachgelagerten Abläufe Pufferzeiten beanspruchen darf, also „frei“ sein muss.
- Die unabhängige Pufferzeit ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang verschoben werden kann, wenn alle seine Vorgänger zum spätestzulässigen Zeitpunkt und alle seine Nachfolger zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen.
Die Berechnung erfolgt als Differenz zwischen einerseits dem frühestmöglichen Startzeitpunkt der Nachfolger und andererseits der Summe aus der Dauer des Vorgangs selbst, dem spätesten Anfangszeitpunkt der Vorgänger und deren Dauer.
Abgrenzung zu PERT und CPM
Die Metra-Potenzial-Methode wurde Ende der 1950er-Jahre in Frankreich entwickelt. Etwa zeitgleich kamen die Program Evaluation and Review Technique (PERT) und die Methode des kritischen Pfades auf, die Critical Path Method (CPM).
PERT ist im Gegensatz zur MPM ein Ereignisknoten-Netzplan. Angewendet wird diese Methode bei mit großen Unsicherheiten behafteten Vorhaben oder bei unklarer Datenlage. Anstelle der bekannten oder häufigsten Dauer wird bei PERT die erwartete mittlere Dauer von Vorgängen als Basis für die Berechnung in der Netzplanung verwendet. Das Verfahren beruht damit auf statistischen Werten und plausiblen Annahmen, nicht auf exakten oder bekannten Werten.
Bei CPM handelt es sich um einen Vorgangspfeil-Netzplan, bei dem Vorgänge durch Pfeile zwischen Ereignissen bzw. Zuständen abgebildet werden. CPM wird für standardisierbare Projekte oder bei bekannten Prozessen eingesetzt. Die betrachteten Vorgänge sind aufgrund von Erfahrungen bei anderen Abläufen weitgehend bekannt und es bestehen nur wenige Unsicherheiten in Bezug auf die geschätzte Zeitdauer und andere Randbedingungen wie beispielsweise die Versorgung mit Ressourcen. Im Fokus der Betrachtung steht hier der kritische Pfad, also die Abfolge von Vorgängen, bei denen keine Pufferzeiten vorhanden sind.
Fazit
Mit der Metra-Potenzial-Methode kann die Planung und Steuerung von Projekten oder Prozessen optimiert werden, da MPM die Beziehungen und die Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Vorgängen aufzeigt. Damit wird es möglich, Zeiten und Ressourcen wie Personal und Sachmittel einzelnen Abläufen und Arbeitspaketen zuzuordnen und Aufgaben zu priorisieren.
Sichtbar werden zeitliche Aspekte wie frühestmögliche oder spätestzulässige Start- und Endtermine sowie die Auswirkungen von Verzögerungen auf die Projekt- oder Prozesslaufzeit. Mit der Bestimmung des längsten kritischen Pfads zwischen dem Anfang und dem Ende lässt sich mit MPM die Mindestzeit für Projekte und Prozesse ermitteln.