Nutzwertanalyse


Nutzwertanalyse

Eine Nutzwertanalyse wird durchgeführt, um verschiedene Handlungsalternativen nach Aspekten der Vorteilhaftigkeit miteinander zu vergleichen und einzuordnen. Dabei werden die vorliegenden Optionen anhand unterschiedlicher Kriterien bewertet und gegeneinander abgewogen, um die – wirtschaftlich – sinnvollste Vorgehensweise zu identifizieren. Das Ergebnis der Nutzwertanalyse ist eine priorisierte Abfolge der in Betracht gezogenen Vorschläge, an deren erster Stelle die Maßnahme mit dem höchsten Gesamtnutzen steht.

Entwickelt wurde dieses Rangfolge- oder Scoring-Modell als „Utility Analysis“ in den USA. In den 1970er-Jahren verbreitete und etablierte sie sich auch in Deutschland. Als Instrument dient sie dazu, Entscheidungsprozesse transparent und auch für nicht involvierte Dritte nachvollziehbar zu gestalten, da die einzelnen Schritte des Vorgehens dokumentiert werden. Damit dient die Nutzwertanalyse auch als Grundlage für die Kommunikation der Entscheidung.

Mehr als eine Kosten-Nutzen-Analyse

Bei betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analysen oder auch Investitionsrechnungen werden die verschiedenen Aspekte der zu prüfenden Alternativen nach rein monetären Kriterien beurteilt. Im Vordergrund stehen die Effektivität bzw. die Effizienz der zu bewertenden Optionen: die Effektivität bei der Beurteilung, ob die Investition in einen neuen Prozess oder eine alternative Vorgehensweise die Zielerreichung erleichtert; die Effizienz als Perspektive auf die Prozessqualität, die durch eine Prozessoptimierung als möglichst perfekte Umsetzung vorgeschlagener Maßnahmen zu steigern ist.

Im Gegensatz dazu werden bei der Nutzwertanalyse die entscheidungsrelevanten Kriterien anhand nicht nur quantitativer, sondern auch qualitativer Faktoren miteinander verglichen. Neben monetären und anderen mess- und damit quantifizierbaren Aspekten werden zudem technische, psychologische, soziale und ökologische Bewertungskriterien als qualitative und subjektive Einflüsse berücksichtigt. Auf dieser Basis kann die Entscheidungsfindung ganzheitlich und nachhaltig, als multiattributive Nutzenbetrachtung, erfolgen.

Vorgehen

Eine Nutzwertanalyse besteht in der Regel aus sechs Schritten. Die Schritte 1 bis 3 dienen vorbereitend dazu, eine Entscheidungsmatrix aufzustellen. Bei dieser Matrix werden in den Spalten die vorhandenen Alternativen aufgeführt. Die zu bewertenden Zielkriterien werden zeilenweise angeordnet. Damit wird eine übersichtliche und anschauliche Visualisierung des Prozesses der Entscheidungsfindung möglich. Bei diesem werden in den Schritten 4 bis 6 die entstehenden Felder mit Zahlenwerten gefüllt, indem die einzelnen Faktoren mit Punkten bewertet und gewichtet werden.

Das Vorgehen in den einzelnen Schritten läuft folgendermaßen ab:

  1. Auswahl der Alternativen
    Die möglichen Handlungsoptionen werden gesammelt und inhaltlich umrissen. Ihre Anzahl lässt sich schon zu diesem Zeitpunkt begrenzen, indem Bedingungen definiert werden, die unbedingt zu erfüllen sind. Dies sind die sogenannten K.-o.-Kriterien.
  2. Definition von Bewertungskriterien
    Festgelegt werden hierbei die Aspekte, die bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollen. Dies können zu erreichende Ziele sein oder Anforderungen an ein Produkt. Um neben quantitativen insbesondere auch qualitative und subjektive Entscheidungskriterien zu operationalisieren, werden ihnen Dimensionen zugeordnet. Diese reichen von Geld-, Mengen- und Zeiteinheiten bis hin zu Qualitätsurteilen. Typisch ist die Definition von bis zu zehn Bewertungskriterien.
  3. Gewichtung der Bewertungskriterien
    Die Kriterien, die zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, unterscheiden sich in ihrer Bedeutung oder in der Tragweite ihrer Auswirkung bei der Realisierung der Handlungsalternative. Daher werden sie mithilfe eines Bewertungsfaktors gewichtet. Als relatives Maß für die Relevanz des Kriteriums wird oft ein Prozentwert angegeben. Die Summe der Einzelgewichtungen muss 100 Prozent ergeben.
  4. Festlegung des Bewertungsmaßstabs
    Um die Bewertung der einzelnen Zielkriterien möglichst objektiv zu gestalten, wird ein einheitlicher Bewertungsmaßstab definiert, der durchgängig auf alle Kriterien angewendet werden muss. Üblich ist die Zuordnung von Werten zwischen 1 und 10, je nach Erfüllungsgrad. Alternativ kann, gerade bei subjektiven Angaben, eine Likert-Skala verwendet werden, bei der Aussagen ein Punktewert zugeordnet wird (z. B. 5 Punkte = trifft vollkommen zu, 1 Punkt = trifft gar nicht zu).
  5. Bewertung der Alternativen
    Die Felder der Bewertungsmatrix aus Handlungsalternativen und Zielkriterien werden nun befüllt, indem jedes Kriterium mit Punkten bewertet und mit dem Bewertungsfaktor multipliziert wird. Dabei sollten Anregungen vonseiten der Kundschaft ebenso wie Aussagen von Experten berücksichtigt werden, um durch den Einbezug von Meinungen „fremder Dritter“ möglichst objektive Ergebnisse bei der Bewertung zu erhalten.
  6. Summierung und Auswahl
    Die Summierung der Einzelgewichtungen der Kriterien resultiert in der gewichteten Punktzahl pro Handlungsalternative. Gemäß der erreichten Gesamtpunktzahl lässt sich eine Rangfolge unter den Alternativen aufstellen. Die Option mit der höchsten Punktzahl ist die Handlungsalternative mit dem höchsten Gesamtnutzen, da sie die definierten Kriterien am besten erfüllt. Sie ist bei der Realisierung zu priorisieren.

Vorteile und Nachteile

Die Nutzwertanalyse mit ihrem Einbezug auch qualitativer Faktoren bietet einige Vorteile:

  • Das Bewertungssystem ist universell einsetzbar, da es sich an unterschiedlichste Erfordernisse anpassen lässt. Aufgrund seiner Flexibilität können auch mehrdimensionale Systeme mit einer Vielzahl qualitativer und quantitativer Kriterien berücksichtigt werden.
  • Die systematische Vorgehensweise ermöglicht es, Alternativen – auch stark voneinander abweichende Ansätze – miteinander zu vergleichen. Die Entscheidungsfindung wird transparent und kann fundiert kommuniziert werden. Das erhöht deren Akzeptanz gegenüber internen und externen Kritikern.
  • Entscheidungen werden schriftlich niedergelegt. Damit sind sie dokumentiert und nachvollziehbar.
  • Die Nutzwertanalyse führt, da sie im Team durchgeführt wird, in der Regel zu objektiveren Ergebnissen als die Analyse einer einzelnen Person. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn Rückmeldungen von Kunden und Expertenmeinungen einbezogen werden. Die Entscheidungsfindung wird damit erleichtert.

Als Nachteile der Nutzwertanalyse gelten diese Aspekte:

  • Bereits die Auswahl der Handlungsalternativen sowie die Auflistung der Kriterien kann Lücken aufweisen, unvollständig sein oder bewusst manipuliert werden.
  • Die Bewertung ist niemals vollständig objektiv. Bei der Auswahl der Kriterien, der Vergabe der Punkte und der Festlegung der Gewichtungen spielen aufgrund der notwendigen persönlichen Einschätzung subjektive Aspekte mit hinein.
  • Die Methode ist zeitaufwendig, wenn eine Vielzahl von Handlungsoptionen und/oder von Kriterien zu bewerten ist.
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