Der aus dem englischen Sprachraum stammende Begriff „Workflow Management“ setzt sich wie folgt zusammen: Der erste Teil, Workflow, kann mit Arbeitsfluss oder Arbeitsablauf ins Deutsche übersetzt werden. Der zweite Teil, Management, bedeutet so viel wie Leitung, Steuerung oder Verwaltung. Mit Workflow Management ist also die Steuerung von Arbeitsabläufen gemeint. Dies können Herstellungs-, Be- und Verarbeitungs- oder Veredelungsprozesse in Industrie und Handwerk sein, Dienstleistungen, Verwaltungsakte oder auch publizistische sowie künstlerische Tätigkeiten.
Zunächst eine Abgrenzung …
Das Workflow Management läuft auf operativer Ebene ab. Es darf nicht gleichgesetzt werden mit dem Prozessmanagement (PM), das auf fachlich-konzeptioneller Ebene stattfindet, oder dem Geschäftsprozessmanagement (Business Process Management, BPM), das auf strategischer Ebene angesiedelt ist.
Kern des Prozessmanagements ist die permanente Analyse der Arbeitsabläufe, um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) vorantreiben zu können. Das PM ist damit die Basis für das Workflow Management. Das Business Process Management ist dem übergeordnet, da hier die Ausrichtung der bestehenden Geschäftsprozesse einer soziotechnischen Organisation fokussiert wird. Zudem wird der Ist-Zustand dieser Business Processes analysiert und neue Entwicklungen werden angestoßen.
Das Workflow Management ist damit die praktische Umsetzung des Prozessmanagements und kann bottom-up mit den Erkenntnissen vor Ort – am Ort des Geschehens (Gemba) – auch das Geschäftsprozessmanagement bei technologischen Aspekten unterstützen.
Workflow
Der Workflow besteht aus einer festgelegten Abfolge von Arbeitsschritten zur Erzielung eines Ergebnisses. Um einen Workflow als Prozess zu definieren, muss beschrieben werden, wo der Ablauf startet, welche Ressourcen – Produktionsfaktoren – zu welchem Zeitpunkt in welcher Weise von welchen Beteiligten genutzt werden und welches Ziel als Endpunkt erreicht werden soll. Zudem müssen Verfahrensregeln festgelegt und der Informationsfluss kanalisiert werden.
Ein Workflow als definierter Prozess enthält damit diese Elemente:
- einen Startpunkt, beispielsweise einen Auftrag oder Antrag;
- einen oder mehrere Funktionsträger oder Rollen, das heißt beteiligte Personen, idealerweise mit einer geregelten Vertretung als Ersatz;
- festgelegte Arbeitsschritte oder Vorgänge, die in einer bestimmten Reihenfolge durchlaufen werden müssen oder auch gleichzeitig ablaufen können (sequenzielle/parallele Bearbeitung);
- Verfahrensregeln als Zuordnung von Arbeitsschritten zu den ausführenden Organen, also den Funktionsträgern und Arbeitsmitteln;
- Ergebnisse und Teilergebnisse wie Sachgüter und Dienstleistungen, Dokumente, Lösungen und Angebote, Lieferungen oder Versände;
- die Zuordnung von (Teil-)Ergebnissen zu den ausführenden Organen;
- Statusinformationen als Zustandsbeschreibung einzelnen Bearbeitungsschritte, beispielsweise von „fehlt“ oder „noch ausstehend“ bis „fertig bearbeitet“;
- Angaben zur Häufigkeit von (repetitiven) Tätigkeiten oder erzielten Ergebnissen;
- einen Endpunkt.
Management
Management bedeutet Leitung und Steuerung von Abläufen. Dazu gehört auch die inhaltliche, logische und zeitliche Strukturierung von Vorgängen – also die Schaffung eines definierten Workflows. Die systematische Beobachtung und Analyse bestehender Arbeitsabläufe kann dazu genutzt werden, den Workflow zu verbessern: Ein möglicher Ansatzpunkt ist die Zusammenfassung gleichartiger Tätigkeiten, die Erleichterung oder Automatisierung häufig auszuführender – repetitiver – Arbeiten oder die Abstimmung von Zeiten und Takten, um Stillstand- und Wartezeiten und damit Verschwendung (Muda bzw. Mura) zu vermeiden. Ein anderer Ansatz zielt auf die Erleichterung der Kommunikation und die Kanalisierung des Informationsflusses. Dazu gehört unter anderem, Betriebszustände und Bearbeitungsstatus für alle Beteiligten sichtbar zu machen, Dokumente zu digitalisieren, Vorgänge zu visualisieren. Ergebnisse oder die Zielerreichung können so leichter er- und auch vermittelt werden.
Wird der Workflow in dieser Weise vom Management begleitet, kann er übersichtlich und leicht verständlich abgebildet, gesteuert und überwacht werden – auch über Abteilungsgrenzen hinweg und an mobilen Arbeitsplätzen. Wichtig wird dabei der Einsatz von entsprechender Softwareunterstützung und, als Voraussetzung dafür, die im besten Fall vollständige Automatisierung des Workflows. So können Aufgaben, Informationen, Vorlagen, und andere benötigte oder zu bearbeitende Dokumente den jeweils zuständigen Beteiligten zugänglich gemacht und von einem Arbeitsplatz an einen anderen ohne Systembruch „in Echtzeit“ weitergereicht werden.
Ziele des Workflow Managements
Das Workflow Management – ob in Unternehmen, Verwaltungen oder anderen Einrichtungen und Organisationen – hat die Aufgabe, Abläufe festzulegen und damit transparent und nachvollziehbar zu machen, um deren Steuerung und Kontrolle zu erleichtern. So kann jeder Arbeitsschritt daraufhin geprüft werden, ob Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Damit lassen sich die Vorgänge in einem Prozess gezielt optimieren, um eine Steigerung der Effizienz zu erreichen.
Als Ziele des Workflow Managements lassen sich damit unter anderem diese Punkte anführen:
- Stabilisierung von Prozessen;
- Vereinheitlichung von Abläufen und Vorgängen (möglichst an allen Standorten und über Abteilungsgrenzen hinweg);
- Qualitätssicherung und -steigerung;
- Verminderung der Durchlaufzeiten durch bessere Abstimmung und nachhaltigeren Einsatz von Ressourcen, dadurch geringere Kosten und höhere Effizienz;
- Erhöhung der Transparenz durch Statusermittlung und Dokumentation;
- Verbesserung des Informationsflusses und Erleichterung einer zielgerichteten Kommunikation;
- Vermeidung von Medienbrüchen;
- Steigerung der Flexibilität des Prozesses.
Vorteile des Workflow Managements
Ein ausgereiftes und konsequent angewendetes Workflow Management bietet eine Reihe von Vorteilen:
- Effizienzsteigerung durch Optimierung der Arbeitsabläufe
Die transparente Darstellung der einzelnen Arbeitsschritte und der daran beteiligten Personen zeigt Redundanzen und unzureichend aufeinander abgestimmte Vorgänge (Mura) auf; hier kann die Prozessoptimierung ansetzen. Auch Schwachstellen und Engpässe werden sichtbar und können beseitigt werden (Theory of Constraints (TOC)). Zudem ermöglichen die Vorgabe von Regeln, die Automatisierung von repetitiven Arbeitsschritten sowie der Einsatz standardisierter Dokumente eine Reduzierung der Bearbeitungs- und Wartezeiten; damit verringern sich auch die Durchlaufzeiten. Das Workflow Management trägt so zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Abläufe bei, beschleunigt den Wertstrom und hilft damit, Verschwendung zu vermeiden und die Stabilität und Effizienz des Prozesses zu erhöhen. - Qualitätssicherung durch definierte Arbeitsabläufe
Die Standardisierung von Abläufen, Informationswegen und Unterlagen wie Dokumenten oder Formularen führt zu einem Wiedererkennungseffekt und ermöglicht die Aneignung von Routinen. Ein Umdenken und eine Einarbeitung in andere, seltener vorkommende oder weniger bekannte Arbeitsweisen wird vermieden. Dadurch sinkt die Fehlerquote, die Prozesse laufen stabiler, die Ergebnisqualität steigt. - Transparenzgewinn
Die Abläufe und Arbeitsmittel sind klar definiert, Zuständigkeiten und Schnittstellen sauber abgegrenzt. Systemzustände und Dokumentversionen werden erkennbar, Veränderungen nachvollziehbar. Diese Transparenz ermöglicht es, jedem Beteiligten Arbeitspakete und Ergebnisse zuzuordnen und ermöglicht eine Steuerung und kontinuierliche Verbesserung des Workflows. - Zielgerichtete Kommunikation
Der Informationsfluss und die Kommunikationskanäle sind festgelegt. Idealerweise werden Daten, Informationen und Dokumente in digitaler Form gespeichert, verarbeitet und weitergegeben bzw. zugänglich gemacht – mit der entsprechenden Workflow-Management-Software. Da der Aufwand zur Beschaffung und Weitergabe von Informationen sinkt, können langwierige Suchen und unnötige Kommunikation vermieden werden. - Verbesserung der Zusammenarbeit
Bei definiertem Workflow sind die vor- und nachgelagerten Stationen mit ihren Arbeitsschritten und den beteiligten Personen bekannt. Alle Beteiligten können den gesamten Ablauf überblicken. Dies fördert das Verständnis für die Aufgaben und Arbeiten der einzelnen Akteure und stärkt die Motivation zur Zielerreichung. Eines der Resultate ist eine Steigerung der Teamleistung durch verbesserte Zusammenarbeit. - Verbesserung der Entscheidungsgrundlage
Entscheidungen können aufgrund der besseren Informationsbasis und der zielgerichteten Kommunikation schneller und in höherer Qualität getroffen werden. Unterstützt wird die Entscheidungsfindung, wenn ein Monitoring per Workflow-Management-System erfolgt. So können Statusinformationen über Abläufe und Personal „in Echtzeit“ abgerufen und verarbeitet werden.
Nachteile des Workflow Managements
Ein Workflow-Management leistet gute Dienste bei der Steuerung und Optimierung von Routineprozessen oder Abläufen mit nur geringen Handlungsspielräumen. Werden Prozesse variantenreich oder sind kreative Leistungen gefordert, kann ein zu starres oder schematisch implementiertes Workflow Management zu negativen Konsequenzen führen:
- Ein starres Regelwerk oder nicht flexibel einsetzbare Arbeitsmittel können den Workflow behindern, wenn seltene oder ungewöhnliche Ereignisse auftreten.
- Die Rahmenbedingungen und der Markt ändern sich ebenso wie die Anforderungen der Kundschaft. Wird der Workflow nicht entsprechend angepasst, sinken die wahrgenommene Qualität der Leistung und die Kundenzufriedenheit – mit unter Umständen schwerwiegenden wirtschaftlichen Konsequenzen für die Organisation.
- Die hohe Transparenz, die das Workflow Management schafft, erlaubt es, Minderleistungen, Fehler und Versäumnisse bestimmten Personen zuzuordnen. Das Erreichen des „Solls“ kann so zu einem Ziel werden, dem alles andere untergeordnet wird: Kreativität, Vorschlagswesen, Eigenverantwortung. Die Motivation schwindet, die kontinuierliche Verbesserung des Prozesses wird nicht weiter vorangetrieben.
- Die formale Gestaltung des Workflows kann bestehende informelle Teams zerstören und damit zu einem Leistungsabfall führen.
- Wird der persönliche Einsatz an der Leistungserstellung im Workflow nur noch als Rolle gesehen, verstehen sich die Beteiligten als austauschbare Ressource zum Erreichen des Prozessziels. Die Motivation schwindet, die Führung durch Vorgesetzte wird erschwert.
Workflow-Management-Systeme
Mittlerweile sind viele Maschinen und Anlagen digitalisiert, die Kommunikation zwischen Menschen und Maschinen läuft auf elektronischer Ebene. Komplexe Hard- und Software-Systeme werden in den verschiedensten Bereichen eingesetzt, um Daten zu erheben, zu verarbeiten, zu analysieren und auszuwerten – von der Forschung und Entwicklung über die Fertigung und die Logistik bis hin zur Lohn- und Finanzbuchhaltung.
Auch das Workflow Management ist überwiegend digitalisiert. Workflow-Management-Systeme helfen dabei, Vorgänge zu analysieren und letztlich zu visualisieren. Dafür müssen Daten, Informationen, Dokumente, Vorlagen, Formulare und Informationen bereitgestellt und zugeordnet werden. Ein Versionsmanagement gewährleistet dabei die Nachvollziehbarkeit der Bearbeitungsschritte an elektronischen Dokumenten. Auf dieser Basis lassen sich einzelne Arbeitsschritte samt der dafür zuständigen Personen und letztlich der Workflow insgesamt in einem Ablauf modellieren und etwa als Flow-Diagramm darstellen. Vorgänge und Ereignisse können vom System bei entsprechender Ausstattung automatisch erkannt und klassifiziert werden, um aus den Informationen Schritte zur Aufrechterhaltung des Wertstroms abzuleiten.
Die für die verschiedensten Bereiche existierenden Software-gestützten Management-Systeme sollten idealerweise zusammengeführt werden zu einem integrierten Management-System (IMS). So lassen sich beispielsweise ein Dokumenten-Management-System (DMS) oder ein Enterprise Content Management (ECM-) bzw. Enterprise Resource Planning (ERP-) System miteinander verbinden, um Daten über Schnittstellen ohne Technologiebruch auszutauschen und allen beteiligten Bereichen die Arbeit zu erleichtern.