Definitionen
Auf volkswirtschaftlicher Ebene wird der Arbeitsprozess als koordiniertes Zusammenwirken der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zur Transformation von Sachgütern zum Schaffen eines Mehrwerts verstanden.
Auf betriebswirtschaftlicher Ebene wird der Arbeitsprozess als organisierter Handlungsablauf angesehen, bei dem durch das Agieren von Menschen als Arbeitskräften unter Einsatz von Produktions- und Betriebsmitteln sowie Werkstoffen Sachgüter erzeugt oder Dienstleistungen erbracht werden.
Aus Sicht der Arbeitssoziologie ist ein Arbeitsprozess ein repetitiver Vorgang zur Erzeugung eines Produkts oder zur Erbringung einer Dienstleistung, der nach den Prinzipien Kooperation und Arbeitsteilung abläuft. Aus dieser Perspektive sind also die sozialen Beziehungen ein wesentliches Element. Sichtbar werden diese im Umgang der Arbeitnehmer untereinander, im vertraglich mit dem Arbeitgeber begründeten Arbeitsverhältnis und im Vertrauensverhältnis zu dessen Vertretern. Eine Organisation wie ein Unternehmen oder eine Behörde wird so zum soziotechnischen System, in dem Menschen und Betriebsmittel zielgerichtet zusammenwirken.
Allgemein formuliert ist ein Arbeitsprozess ein mehrstufiges Verfahren zur Erledigung definierter Aufgaben zum Erreichen eines vorgegebenen Ziels unter Verwendung bestimmter Ressourcen.
Diese Definition ist damit in produzierenden Unternehmen, Handwerksbetrieben, Verwaltungen und sogar im Privatbereich anwendbar.
Die Organisation von Arbeitsprozessen
Arbeitsprozesse sind koordinierte Vorgänge, die auf detaillierten Beschreibungen der auszuführenden Handlungen – Arbeitsanweisungen – basieren. Diese Arbeitsanweisungen bilden den organisatorischen Rahmen für die Arbeitsprozesse, die zum Erreichen eines vorgegebenen Ergebnisses auszuführen sind. Sie umfassen dabei das gesamte Aufgabenspektrum von der Arbeitsvorbereitung über die Arbeitsablaufplanung bis hin zu den direkt wertschöpfenden Tätigkeiten. Darüber hinaus beinhalten sie als unterstützende Aktivitäten auch Wartungsarbeiten, Dokumentationen und weitere Begleitaufgaben.
Arbeitsabläufe sollten bis in einzelne Ablaufabschnitte – als kleinste unterscheidbare Einheiten von Tätigkeiten – definiert und betrachtet werden. Erst nach dieser Spezifikation ist es möglich, zum Beispiel Ist-Zeiten für diese Tätigkeiten zu messen, daraus Soll-Zeiten abzuleiten und Standardzeiten festzulegen. Über diese wird der Zeitaufwand transparent und vergleichbar (Systeme vorbestimmter Zeiten, SvZ). Diese Standardzeiten können dann als Basis für eine leistungsgerechte Entlohnung von Tätigkeiten verwendet werden – etwa bei Akkordarbeit.
Inhalte von Arbeitsprozessen
Arbeitsprozesse sind komplex und lassen sich in verschiedene Einzelprozesse unterteilen, die auf unterschiedlichen Ebenen ablaufen. Die Einzelprozesse können prinzipiell den folgenden Ebenen zugeordnet werden:
- materielle Ebene: Hierzu gehören alle Tätigkeiten an und mit physischen Objekten, also Werkzeugen, Geräten, Maschinen und Anlagen sowie Materialien, (Einzel-)Teilen und Werkstücken.
- Informationsebene: Auf dieser kommunikativen Ebene kommt es zum Austausch und zur Verarbeitung von Informationen. Dies kann auf unterschiedliche Weise bewerkstelligt werden: durch direkte persönliche Kommunikation, (akustische, optische oder sensorische) Signale, physische Mitteilungen (schriftliche Dokumente) oder Computer- und Internet-gestützte Systeme. Die Letzteren umfassen die gesamte Spanne von der elektronischen Nachricht in vielen Formen bis zu Software-Programmen wie Produktionsplanungs- und Steuerungs- (PPS-), Enterprise-Ressource-Planning- (ERP-) oder Computer-Aided-Design- (CAD-)Systemen.
- operative Ebene: Hierzu zählen alle Tätigkeiten in der Wertschöpfungskette, die zu einem Mehrwert führen, also Kernprozesse der Produktion. Da auch die Ausführung von Dienstleistungen dazugerechnet werden kann, ist die Abgrenzung zur Dienstleistungsebene nicht trennscharf.
- Unterstützungsebene: Darunter fallen Prozesse wie Logistik, Wartung oder Dokumentation, Qualitätskontrolle, Arbeitsschutz, Umweltschutz, Qualifizierungsmaßnahmen.
- Management- bzw. Führungsebene: Zu diesen Führungsprozessen gehören die Planung und Überwachung von Zielen und Maßnahmen, die Gestaltung der Organisationsstrukturen, der Personaleinsatz, die Mitarbeiterführung, das Qualitätsmanagement und vieles mehr.
- Dienstleistungsebene: Diese umfasst die Bedienung interner und externer Kunden mit Informationen (Berichtswesen bzw. Beratung), physischen Produkten sowie mit Tätigkeiten und Serviceleistungen – hier ist der Übergang zur operativen Ebene fließend.
- Innovationsebene: Diese Arbeitsprozesse sind auf die Zukunft ausgerichtet. Dazu gehören zum Beispiel der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP), die Umstellung auf moderne Fertigungseinrichtungen, die Umsetzung neuartiger Produktionsverfahren, und Rückmeldungen zur Entwicklung und Einführung neuartiger Angebote.
Der Arbeitsprozess im Arbeitssystem
In einem soziotechnischen System wird jeder Arbeitsprozess als Vorgang erst durch ein Arbeitssystem als Organisationsform ermöglicht. Das Arbeitssystem besteht aus Menschen und einer technischen Ausstattung. Diese Gerätschaften werden von den in den Arbeitsprozess involvierten Personen genutzt, das heißt bedient, geführt oder überwacht.
Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und Vernetzung von Maschinen und Anlagen kommt es in modernen Arbeitssystemen in der Fertigung immer häufiger zur Kooperation und sogar Kollaboration von Mensch und Maschine. Maschinen kooperieren, wenn sie selbstständig agieren, etwa als autonomes Flurförderzeug oder bei der Lagerhaltung in Hochregalen. Sie kollaborieren, wenn sie mit Personen zusammen am selben Arbeitsplatz wirken. Dies ist der Fall bei Produktionsrobotern (Co-Robots oder Cobots), die im Beisein von menschlichen Arbeitskräften gleichzeitig mit diesen in der Fahrgastzelle eines Fahrzeugs Arbeitsschritte ausführen. Eine ausgefeilte Sensorik und schnell reagierende Aktoren sind zusammen mit einer leistungsfähigen Steuerung – auch über künstliche Intelligenz (KI) – Voraussetzung für beide Arten der Zusammenarbeit.
Der Arbeitsprozess aus REFA-Sicht
Hauptziele der REFA sind die Erforschung und die Verbesserung der Arbeitsprozesse in der Produktionswirtschaft. Dabei werden alle Komponenten betrachtet und analysiert: die Arbeitskräfte, die Betriebs- und Produktionsmittel sowie die Werkstoffe.
Methodisch untersucht werden:
- die beteiligten Menschen als Arbeitskräfte. Hier steht die während der Arbeitszeit erbrachte Arbeitsleistung im Fokus, die unter anderem auch von den gegebenen Randbedingungen (Umfeldfaktoren, Arbeitsschutz, Ergonomie etc.) abhängt.
- die Betriebsmittel als technische Ausstattung. Das Ziel ist, deren Einsatz optimal zu gestalten, gerade in Bezug auf die Nutzungszeit, um eine hohe Gesamtanlageneffektivität (GAE) bzw. Overall Equipment Effectivness (OEE) zu erreichen;
- Werkstoffe, Materialen und Teile als Grundlage für die Wertschöpfung. Angestrebt werden sowohl ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen als auch eine möglichst schnelle und kostengünstige Bearbeitung.
Die REFA-Methoden können in vielen Bereichen eingesetzt werden, um die Arbeitsprozesse zu vereinfachen, zu beschleunigen oder zu verbilligen. Ansatzpunkte sind die Arbeitsgestaltung, die Betriebsorganisation und die Unternehmensentwicklung. Die Methoden beziehen sich auf Prozessoptimierungen, die durch Standardisierung, Vermeidung von Verschwendung und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) eine Kostenminimierung ermöglichen. Damit tragen sie dazu bei, die Effizienz der betrieblichen Arbeitsprozesse in der Leistungserstellung zu erhöhen und die wirtschaftlichen Unternehmensziele zu erreichen.