Hoshin Kanri


Hoshin Kanri

Definition

Der Begriff Hoshin Kanri stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie Kompassnadel-Management oder -Planung. Im englischen Sprachraum ist es bekannt als „Management by Policy“ oder „Policy Deployment“. Die Methode dient als Lean-Management-Tool der ganzheitlichen Planung, Zielsetzung und Strategieumsetzung in einem Unternehmen.

Als Planungs- und Steuerungssystem umfasst Hoshin Kanri:

  • die Einbindung aller Führungskräfte (auf allen Ebenen) und Mitarbeiter;
  • einem systematischen und stringenten Ableitungs- und Abstimmungsprozess unter den Beteiligten („Kaskadierung“), der gleichzeitig vertikal (über Hierarchiestufen hinweg) und horizontal (über Business-Unit-, Abteilungs- oder Teamgrenzen hinweg) abläuft;
  • die Entwicklung und Festlegung von strategischen und operativen Zielen („breakthroughs“) aus der Vision des Unternehmens.

Aus diesen Breakthroughs werden die Strategien und Ziele für alle Mitarbeiter (inkl. Führungskräften) abgeleitet, um alle Aktivitäten der Unternehmensangehörigen auf die gleiche Vision und die gleichen Ziele zu fokussieren. Interne Absprachen, Kommunikation und gemeinsames Vorgehen sind daher essenziell. Dabei ist Hoshin Kanri keine einmalige Aktion, sondern ein langfristiger und sich wiederholender Prozess. Vor dem Hintergrund der Unternehmensvision und der daraus abgeleiteten Ziele gilt es, eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln und diese zu realisieren.

Die Ziele von Hoshin Kanri sind dabei hierarchisch aufgebaut und werden in einer X-Matrix in Form eines Kompasses abgebildet:

  • Die Vision hat dabei oberste Priorität, sie ist der leitende Nordstern (True North), aus dem alle anderen Ziele abgeleitet werden.
  • Die langfristigen Ziele sind im Süden zu finden; hierbei handelt es sich um die mehrjährigen strategischen Ziele; berücksichtigt werden können auch wichtige mittelfristige Ziele.
  • Die kurzfristigen Ziele sind im Westen angesiedelt. Hier handelt es sich um Jahresziele oder nicht priorisierte mittelfristige (zwei- oder dreijährige) Ziele
  • Kennzahlen werden im Osten aufgelistet. Sie werden zusammen mit den Mitarbeitern vor Ort erstellt (Catchball) und genutzt, um kontinuierliche Verbesserungen sichtbar zu machen und zu dokumentieren.

An den Ecken der Matrix werden die Abhängigkeiten zwischen den Aktivitäten in jedem Abschnitt visualisiert. Auf der rechten Seite befinden sich die Namen der Personen, die für die Ausführung des Plans verantwortlich sind.

Der Hoshin-Kanri-Ansatz zwingt Unternehmen, eine Vision und eine Liste mit bahnbrechenden Zielen zu entwickeln. Daraus kann eine Kaskade sich ergänzender Ziele abgeleitet werden, um die Koordination sicherzustellen und die für die erfolgreiche Umsetzung notwendigen Mittel darzustellen. Die Methode dient so dazu, bisher unterschiedliche und teilweise widersprüchliche Managementziele zu überdenken, neue festzulegen, zu synchronisieren und aufeinander abzustimmen, um bestehende Zielkonflikte aufzulösen. Hoshin Kanri schließt damit die Lücke zwischen Strategie und Umsetzung, da die Methode für Koordination und Fokus sorgt.

Die Hoshin-Kanri-Methode läuft dabei in sieben Schritten ab:

  1. Entwicklung und Etablierung einer starken Unternehmensvision durch die oberste Leitungsebene.
  2. Definition einer Mission und wichtiger Ziele (breakthroughs), deren Erreichung einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen darstellt, durch das Führungsteam
  3. Herunterbrechen dieser Ziele in Jahresziele durch Geschäftsleitung und Führungsteam.
  4. Kommunikation der Ziele top-down an alle Ebenen der Organisation.
  5. Umsetzung bzw. Ausführung: Maßnahmen bestimmen, Kennzahlen identifizieren und festlegen.
  6. Monatliche Überprüfungen, um die Planerfüllung zu kontrollieren.
  7. Überprüfung am Jahresende, um das Endergebnis festzustellen – und daraus zu lernen und Anpassungen vorzunehmen.

Hoshin Kanri geht dabei über den hier sichtbaren Top-Down-Ansatz hinaus, denn die Methode beinhaltet Mechanismen der -> kontinuierlichen Verbesserung: die Tools Catchball und PDCA sowie die Selbstdiagnose.

Hoshin-Kanri-Catchball

Essenziell bei der Hoshin-Planung ist, dass sie nicht streng top-down ausgeführt wird. Sie beruht im Gegenteil auf der gemeinsamen Anstrengung aller Beschäftigten – von den Führungskräften alle Ebenen bis zu den Mitarbeitenden vor Ort (-> Gemba) –, sich auf Ziele zu einigen und diese bestmöglich zu erreichen. Hier steht das Feedback der Mitarbeiter im Vordergrund; Sie spielen den Ball zurück, der von den Vorgesetzten dann aufgefangen werden muss: den Catchball.

Ziele müssen realistisch sein, gut kommuniziert und in Absprache zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden vereinbart werden. Eine Feedbackschleife stärkt das Verantwortungsbewusstsein und die Motivation der Mitarbeiter und vergrößert deren Einsatz bei der Umsetzung.

Plan-Do-Check-Act (PDCA)

Plan: In dieser Phase werden Ziele und Maßnahmen vereinbart, von der Vision über die Breakthrough-Ziele bis hin zu den jährlichen Hoshin-Zielen. In Zielklausuren werden die Ziele und Pläne abteilungsübergreifend überprüft, verabschiedet und mit Kennzahlen hinterlegt. Diese Zielklausuren beruhen auf dem Catchball-Prozess.

Do: Diese Phase dient dazu, Mitarbeiter und Führungskräfte zu befähigen, die in der Organisation erforderlichen (Leadership-)Fähigkeiten zu entwickeln. Ziel ist, Prozesse zu verbessern und festgelegte Ziele zu erreichen. Das dafür nötige Führungsverständnis wird durch eine entsprechende Führungskräfteentwicklung implementiert.
Ein Hilfsmittel in dieser Phase der Umsetzung ist der -> A3-Report. Er soll den Prozess der Problemlösung transparent machen und die Mitarbeiter dazu befähigen, selbstständig durch Denken und Lernen Probleme zu lösen.

Check: Anliegen in dieser Phase ist, die Entwicklung sichtbar zu machen und zu überprüfen. Zentrales Instrument dazu ist das -> Shopfloor-Management: Führungskräfte befassen sich mit den wertschöpfenden Tätigkeiten vor Ort (-> Gemba), sind dort regelmäßig präsent und kommunizieren mit den Mitarbeitern. Leistungen, Arbeitsabläufe und Kennzahlen werden anschließend grafisch dargestellt (auf Shopfloor-Tafeln oder Hoshin-Boards). Das Shopfloor-Management gipfelt in der „Presidents Diagnosis“, bei der Vertreter des Top-Managements auch den Ort der Wertschöpfung in Augenschein nehmen und analysieren.

Act: In der letzten Phase wird Hoshin Kanri institutionalisiert, um eine permanente Prozessverbesserung zu gewährleisten. Wichtige Maßnahmen sind dabei die Standardisierung auf allen Ebenen des Unternehmens, die kontinuierliche Verbesserung (-> Kaizen) und eine stringente Führungskräfteentwicklung und Nachfolgeplanung. Hier erfolgt auch wieder die Rückkopplung (-> Catchball) zu den Vorgaben und Zielen.

Selbstdiagnose

Die Selbstdiagnose findet auf Ebene der Führungskräfte ebenso wie auf der der Mitarbeiter statt. Sie dient einerseits der Reflexion der (Leadership-)Fähigkeiten, andererseits dem Feststellen von Problemen vor Ort und ihrer selbstständigen Lösung. Grundlage der Selbstdiagnose ist die Führungskräfte- bzw. die Personalentwicklung.

Fazit

Hoshin Kanri zielt darauf ab, die aus der Unternehmensvision abgeleiteten wichtigsten (Breakthrough-)Ziele zu erreichen, indem die Ressourcen optimal genutzt werden. Dazu werden Führungskompetenzen aufgebaut und in der Organisation wird eine Kultur und Struktur der Eigenverantwortung geschaffen. Hoshin Kanri umfasst dabei zwei grundlegende Prozesse:

  • den Planungsprozess. Hier werden, ausgehend von den Unternehmenszielen, auf jeder Ebene Ziele und Pläne für deren Erreichung formuliert und über die Bereichsgrenzen hinweg abgestimmt.
  • den Umsetzungsprozess. Hier werden die Maßnahmen und Prozesse aktiv gesteuert, die nötig sind, um die Unternehmensziele zu erreichen.