Hoshin Kanri als Planungs- und Steuerungssystem
Hoshin Kanri unterstützt als Methode die klassischen Management-Funktionen Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle. Als Planungs- und Steuerungssystem umfasst Hoshin Kanri daher:
- die Einbindung aller Führungskräfte (auf allen Ebenen) und Mitarbeiter;
- den systematischen und stringenten Ableitungs- und Abstimmungsprozess unter den Beteiligten („Kaskadierung“), der gleichzeitig vertikal (über Hierarchiestufen hinweg) und horizontal (über Business-Unit-, Abteilungs- oder Teamgrenzen hinweg) abläuft;
- die Entwicklung und Festlegung von strategischen und operativen Zielen („Breakthroughs“) aus der Vision des Unternehmens.
Aus diesen Breakthroughs werden die Vorgehensweisen und die Vorgaben für alle Führungskräfte und Mitarbeiter abgeleitet, um alle Aktivitäten der Unternehmensangehörigen auf einen Pol – die Vision – auszurichten (deswegen Kompassnadel-Management) und aufeinander abzustimmen. Interne Absprachen, ein stetiger Informationsfluss zur Aufrechterhaltung der Kommunikation und ein gemeinsames Vorgehen sind daher essenziell.
Dabei ist Hoshin Kanri keine einmalige Aktion, sondern ein langfristiger und sich wiederholender Prozess. Vor dem Hintergrund der Unternehmensvision und der daraus abgeleiteten Ziele gilt es, eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln und diese zu realisieren.
Hoshin Kanri: die Ziele
Die Ziele von Hoshin Kanri sind hierarchisch aufgebaut und werden in einer X-Matrix in Form eines Kompasses abgebildet:
- Die Vision hat dabei oberste Priorität, sie ist der leitende Nordstern (True North). Aus der Vision werden alle anderen Ziele abgeleitet.
- Die langfristigen Ziele sind im Süden zu finden; hierbei handelt es sich um die mehrjährigen strategischen Ziele. Berücksichtigt werden können aber auch wichtige mittelfristige Ziele.
- Die kurzfristigen Ziele sind im Westen angesiedelt. Dazu zählen Jahresziele oder nicht priorisierte mittelfristige (zwei- oder dreijährige) Ziele.
- Kennzahlen werden im Osten aufgelistet. Sie werden zusammen mit den Mitarbeitern vor Ort erstellt (s. Catchball) und genutzt, um kontinuierliche Verbesserungen sichtbar zu machen und zu dokumentieren.
An den Ecken der Matrix werden die Abhängigkeiten zwischen den Aktivitäten in jedem Abschnitt visualisiert. Auf der rechten Seite befinden sich die Namen der Personen, die für die Ausführung des Plans verantwortlich sind.
Hoshin Kanri: Ansatz und Methode
Der Hoshin-Kanri-Ansatz zwingt Unternehmen, eine Vision und eine Liste mit Breakthroughs als bahnbrechenden Zielen zu entwickeln. Daraus wird dann eine Kaskade sich ergänzender Ziele abgeleitet, um die Koordination zu gewährleisten und die für die erfolgreiche Umsetzung notwendigen Mittel aufzuzeigen.
Die Methode dient so dazu, bisher unterschiedliche und teilweise widersprüchliche Managementziele zu überdenken, neue festzulegen, zu synchronisieren und aufeinander abzustimmen. Dadurch können bestehende Zielkonflikte gelöst werden. Hoshin Kanri schließt damit die Lücke zwischen Strategie und Umsetzung, da die Methode für Koordination und Fokussierung sorgt.
Hoshin Kanri läuft dabei in sieben Schritten ab:
- Entwicklung und Etablierung einer starken Unternehmensvision durch die oberste Leitungsebene.
- Definition einer Mission und von Breakthroughs – wichtiger Ziele, deren Erreichung einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen darstellt – durch das Führungsteam.
- Herunterbrechen dieser Ziele in Jahresziele durch Geschäftsleitung und Führungsteam.
- Kommunikation der Ziele top-down an alle Ebenen der Organisation.
- Umsetzung bzw. Ausführung: Maßnahmen bestimmen, Kennzahlen identifizieren und festlegen.
- Monatliche Überprüfungen, um die Planerfüllung zu kontrollieren.
- Überprüfung am Jahresende, um das Endergebnis festzustellen – und daraus zu lernen und Anpassungen vorzunehmen.
Die kontinuierliche Verbesserung
Hoshin Kanri geht über den gerade sichtbar gewordenen Top-down-Ansatz hinaus, denn die Methode beinhaltet Mechanismen der kontinuierlichen Verbesserung (KVP): die Tools Catchball und PDCA sowie die Selbstdiagnose.
Hoshin-Kanri-Catchball
Essenziell bei der Planung per Hoshin Kanri ist, dass sie nicht streng top-down ausgeführt wird. Sie beruht im Gegenteil auf der gemeinsamen Anstrengung aller Beschäftigten – von den Führungskräften aller Ebenen bis zu den Mitarbeitenden vor Ort, „am Ort des Geschehens“ (Gemba). Angestrebt wird, sich auf Ziele zu einigen und diese bestmöglich zu erreichen. Hier steht das Feedback der Mitarbeiter im Vordergrund: Sie spielen den Ball zurück, der von den Vorgesetzten dann aufgefangen werden muss, den Catchball.
Ziele sollten smart formuliert werden: Sie müssen spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein. Dazu sind Absprachen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern nötig, um die nötige Akzeptanz der vereinbarten Ziele zu erreichen. Die wichtige Kommunikation läuft dabei in beide Richtungen, nicht nur top-down: Eine Feedbackschleife stärkt das Verantwortungsbewusstsein und die Motivation der Mitarbeiter und vergrößert deren Einsatz bei der Umsetzung. Das Feedback – der Catchball – wiederum zeigt den Führungskräften konkretes Verbesserungspotenzial auf.
Plan-Do-Check-Act (PDCA)
Der Deming- oder PDCA-Zyklus als Management-Tool zur kontinuierlichen Weiterentwicklung lässt sich auch bei Hoshin Kanri nutzen.
Plan: Bei der Planung werden Ziele und Maßnahmen vereinbart. Diese reichen von der Vision über die Breakthrough-Ziele bis hin zu den jährlichen Hoshin-Zielen. In Zielklausuren werden die Ziele und Pläne abteilungsübergreifend überprüft, verabschiedet und mit Kennzahlen hinterlegt. Diese Zielklausuren beruhen auf dem Catchball-Prozess.
Do: Zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen sind Mitarbeiter und Führungskräfte in die Lage zu versetzen, die in der Organisation erforderlichen (Leadership-)Fähigkeiten zu entwickeln. Ziel ist, Prozesse zu verbessern und festgelegte Vorgaben zu erreichen. Das dafür nötige Führungsverständnis wird durch eine entsprechende Führungskräfteentwicklung implementiert.
Ein Hilfsmittel in dieser Phase der Realisierung ist der A3-Report. Er soll den Prozess der Problemlösung transparent machen und die Mitarbeiter in die Lage versetzen, selbstständig durch Denken und Lernen Probleme zu lösen.
Check: Kern der Überprüfung ist, die Entwicklung sichtbar zu machen und die Qualität der Änderungen festzustellen. Zentrales Instrument ist dabei das Shopfloor-Management: Führungskräfte befassen sich mit den wertschöpfenden Tätigkeiten vor Ort (Gemba), sind dort regelmäßig präsent und tauschen sich mit den Mitarbeitern aus („Management-by-Walking Around“). Leistungen, Arbeitsabläufe und Kennzahlen werden anschließend grafisch dargestellt (auf Shopfloor-Tafeln oder Hoshin-Boards). Das Shopfloor-Management gipfelt in der „Presidents Diagnosis“, bei der Vertreter des Top-Managements auch den Ort der Wertschöpfung in Augenschein nehmen und analysieren.
Act: Als vorläufiger Höhepunkt wird Hoshin Kanri institutionalisiert, um eine permanente Prozessverbesserung zu gewährleisten. Wichtige Maßnahmen sind dabei die Standardisierung auf allen Ebenen des Unternehmens, die kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) und eine stringente Führungskräfteentwicklung und Nachfolgeplanung. Hier erfolgt auch wieder die Rückkopplung (s. Catchball) zu den Vorgaben und Zielen. Damit kann die nächste Runde im PDCA-Zyklus starten.
Selbstdiagnose
Die Selbstdiagnose findet auf Ebene der Führungskräfte ebenso wie auf der der Mitarbeiter statt. Sie dient einerseits der Reflexion der (Leadership-)Fähigkeiten, andererseits dem Feststellen von Problemen vor Ort und ihrer selbstständigen Lösung. Grundlage der Selbstdiagnose ist die Führungskräfte- bzw. die Personalentwicklung.
Fazit
Hoshin Kanri zielt darauf ab, die aus der Unternehmensvision abgeleiteten wichtigsten (Breakthrough-)Ziele zu erreichen, indem die Ressourcen optimal genutzt werden. Dazu werden Führungskompetenzen aufgebaut und in der Organisation wird eine Kultur und Struktur der Eigenverantwortung geschaffen. Hoshin Kanri umfasst dabei zwei grundlegende Prozesse:
- den Planungsprozess. Ausgehend von den Unternehmenszielen werden hier für deren Erreichung auf jeder Ebene Ziele und Pläne formuliert und über die Bereichsgrenzen hinweg abgestimmt.
- den Umsetzungsprozess. Hier werden die Maßnahmen und Prozesse aktiv gesteuert, die nötig sind, um die Unternehmensziele zu erreichen.