Die Historie
Die wegen ihres Aussehens auch Fischgrät-Diagramm genannte Darstellung wurde benannt nach dem Chemiker Kaoru Ishikawa. Er gilt als Vater der japanischen Qualitätskontrolle, da er zahlreiche Qualitätswerkzeuge entwickelt hat. Dazu gehört auch das 1943 erstmals vorgestellte und seitdem weltweit genutzte Ursache-Wirkungs-Diagramm, das unter dem Namen Ishikawa-Diagramm bekannt ist.
Die Ishikawa-Methode wurde ursprünglich im Rahmen des Qualitätsmanagements zur Analyse der Ursachen von Qualitätsmängeln entwickelt. Da die Anwendung wenig Vorwissen erfordert und Sachverhalte eingängig visualisiert werden können, wird es mittlerweile in den verschiedensten Bereichen eingesetzt. Weit verbreitet ist es in der industriellen Produktion und der gewerblichen Fertigung (zur Analyse von Fehlerursachsen im Sinne von Poka Yoke) sowie in der Logistik. Ein Einsatz ist aber ebenso im administrativen Bereich, etwa zur Darstellung von Verwaltungsvorgängen, möglich. Bei der Analyse komplexer Problemstellungen kann das Diagramm den Klärungsprozess vereinfachen und so zur Entscheidungsfindung beitragen.
Der Aufbau der Darstellung
Der Zusammenhang zwischen Ursachen und Wirkung wird im Diagramm mit horizontalen und diagonalen Pfeilen dargestellt. Je Ursachen-Kategorie (vier bis acht Klassen, je nach Methode und Komplexität) läuft ein diagonal ausgerichteter Pfeil (von oben oder unten) auf eine horizontal ausgerichtete Hauptachse zu. Endpunkt der Hauptachse ist die Wirkung bzw. das Ergebnis.
Eine primäre Ursache einer Kategorie wird mit einem parallel zur Hauptachse verlaufenden Pfeil dargestellt, der auf den diagonal ausgerichteten Pfeil der Kategorie trifft. Sekundäre Ursachen oder Faktoren mit Einfluss auf die primäre Ursache werden wiederum mit einem diagonalen Pfeil gekennzeichnet.
Eine Kategorie kann mehrere primäre Ursachen beinhalten und eine primäre Ursache wiederum mehrere sekundäre Ursachen. Alle diagonal verlaufenden Pfeile zeigen in Richtung Wirkung bzw. Ergebnis. Daraus ergibt sich letztlich das Muster des Fischskeletts, der namensgebenden „Fischgräte“.
Die Ursachen wurden ursprünglich vier Kategorien zugeordnet. Diese auch heute noch gültige Einteilung umfasst
- Material (z. B. Werkstücke, Roh-, Hilfs- und Schmierstoffe, Zulieferteile),
- Maschine (Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsmittel, Messeinrichtungen),
- Methode (Arbeitsabläufe, Dienstanweisungen, Organisationsstrukturen, Kontrollverfahren) und
- Mensch (Erfahrungen, Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten, persönliche Einstellungen).
Dieses 4M-Schema wurde mit der Zeit zu 8M erweitert. Aufgenommen wurden sukzessive
- die Mit- oder Umwelt (Milieu; Verhalten der Kundschaft, gesetzliche und gesellschaftliche Vorgaben, Konkurrenz) („5M“),
- das Management (Vision, Mission, Unternehmensprinzipien, operative und strategische Entscheidungen) („6M“),
- die Messung (Measurement, z. B. Output, Ergebnis, Leistung) („7M“) und
- monetäre Faktoren („Money“, also Finanzen) („8M").
Das M-Schema wird heutzutage jeweils an die gegebenen Umstände angepasst und auch mit allen weiteren notwendigen Einflussgrößen (z. B. Information, Prozesse) ergänzt.
Erstellung des Ishikawa-Diagramms
Das Diagramm wird in fünf aufeinander folgenden Schritten – als Gruppenarbeit unter Nutzung von Kreativtechniken wie dem Brainstorming – erstellt:
- Diagramm zeichnen und die Haupteinflussgrößen eintragen
Ausgangspunkt ist ein horizontaler Pfeil nach rechts, an dessen Spitze das (gemeinsam) identifizierte und möglichst eindeutig formulierte Ziel oder Problem steht. Auf diesen Pfeil ausgerichtet sind die diagonalen Pfeile der als Haupteinflussgrößen erkannten oder vermuteten Kategorien. Ein Pfeil bedeutet „trägt dazu bei, dass“. - Primäre und sekundäre Ursachen erarbeiten
Unter Nutzung von Kreativitätstechniken wird nach potenziellen Ursachen gesucht. Aus der großen Anzahl der so gefundenen Faktoren werden die primären mithilfe einer ABC-Analyse (von A = starker bis C = geringer Einfluss auf die Wirkung) herausgefiltert. Als primäre oder Hauptursachen identifizierte oder vermutete Sachverhalte werden in Form von kleineren, horizontalen Pfeilen dargestellt, die auf die diagonalen Pfeile der jeweiligen Haupteinflussgrößen zulaufen. Als sekundär eingeschätzte Ursachen (Nebenursachen) zeigen mit einem diagonalen Pfeil auf die horizontalen Pfeile der jeweiligen primären Ursache und ergeben so weitere Verästelungen. - Vollständigkeit überprüfen
Die Visualisierung schafft einen Überblick und erleichtert so die Prüfung, ob alle möglichen Ursachen berücksichtigt wurden, welche gegebenenfalls übersehen wurden oder welche weiteren Zusammenhänge noch zu vermuten sind. - Bewertung der Ursachen
Die so visualisierten potenziellen Ursachen werden im Hinblick auf ihre Bedeutung und Einflussnahme auf das Problem gewichtet. Dabei wird die Ursache mit der höchsten Wahrscheinlichkeit bestimmt. - Richtigkeit überprüfen und Maßnahmen ableiten
Die für das Problem wahrscheinlichste Ursache ist anschließend mit entsprechender Expertise zu prüfen und auf ihre Wirkung in Bezug auf die Problemstellung zu beurteilen. Statistisch kann die Annahme, dass es sich bei der identifizierten Ursache um die primäre handelt, mit einem Signifikanztest (Hypothesentest) gestützt werden. Ist die Ursache erkannt, sind daraus Maßnahmen abzuleiten, um das Problem zu lösen.
Nutzen und Ziele der Ishikawa-Methode
Der Einsatz eines Ishikawa-Diagramms ist sinnvoll, wenn ein Problem viele mögliche Ursachen hat und die Beziehungen zwischen diesen nicht offensichtlich sind. Die Erstellung eines Ishikawa-Diagramms im Team erhöht für alle Beteiligten die Transparenz der erfassten Abläufe und ermöglicht aufgrund des versammelten Expertenwissens eine tiefergehende Analyse der verschiedensten Einflussfaktoren.
Die Kombination von unterschiedlichen Ansätzen ermöglicht es, neue Verknüpfungen und Schnittstellen in Prozessbeschreibungen zu erfassen und Fehlbeurteilungen zu vermeiden.
Anwendungsbereich
Das Ishikawa-Diagramm dient zur
- systematischen und vollständigen Ermittlung von Problemursachen;
- Analyse und Strukturierung von Prozessen;
- Visualisierung und Gewichtung einzelner Elemente komplexer Strukturen (Ursache-Wirkungs-Geflecht).
Bewertung
Die Ishikawa-Methode bietet folgende Vorteile:
- sinnvolle Strukturierung von Prozessen;
- detaillierte Sammlung von Ursachen für Probleme;
- übersichtliche visuelle Darstellung;
- besseres Verständnis der Zusammenhänge;
- flexible Einsatzmöglichkeiten/Anwendbarkeit;
- vielseitige Betrachtungsweise durch Teamarbeit;
- leicht erlern- und anwendbar.
Dem stehen diese Nachteile entgegen:
- bei komplexen Problemen unübersichtlich und umfangreich;
- vernetzte Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nicht darstellbar;
- Wechselwirkungen und zeitliche Abhängigkeiten nicht erfassbar.