Kennzahlensysteme
Definition
Ein Kennzahlensystem ist eine systematische Sammlung und sachlogische Verknüpfung von betriebswirtschaftlich relevanten Indikatoren. Kennzahlensysteme umfassen die quantifizierbaren Größen eines Unternehmens und stellen die einzelnen Kennzahlen als Indikatoren für die betriebswirtschaftliche Leistung und Entwicklung in einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang. Die einzelnen Kennzahlen dienen dabei der Beurteilung spezieller Funktionen eines Unternehmens oder einzelner Unternehmensteile.
Genutzt werden die Kennzahlen
- zur Identifizierung von Problembereichen,
- bei der Ermittlung betrieblicher Stärken und Schwächen,
- bei der Überwachung von betrieblichen Prozessen sowie
- zur Informationsgewinnung und zur Vorbereitung von unternehmerischen Entscheidungen.
Mithilfe von Kennzahlen lassen sich wichtige Sachverhalte in einem Unternehmen abbilden, belegen, dokumentieren und auch aufeinander abstimmen. Kennzahlen, die zueinander in einer sachlichen oder logischen Beziehung stehen, können zu einem Kennzahlensystem zusammengefasst werden.
Das Ziel eines solchen Kennzahlensystems ist, einen gesamthaften Blick auf die Unternehmenssituation zu ermöglichen.
Arten von Kennzahlensystemen
Kennzahlensysteme unterscheiden sich durch die Art der Zusammenstellung der in ihnen aufgeführten Indikatoren. Dabei können die einzelnen Kennzahlen entweder rechentechnisch miteinander verknüpft sein oder nur in einem logischen Zusammenhang zueinander stehen. Unterschieden wird daher zwischen Rechensystemen und Ordnungssystemen:
- Bei Rechensystemen werden die Kennzahlen nach mathematischen Regeln aufgespalten. Die Darstellung erfolgt als Pyramide, bei der sich die zu zerlegende Kennzahl an der Spitze befindet.
- Bei Ordnungssystemen werden die Kennzahlen nach Unternehmensbereichen aufgesplittet. Jeweils separat aufgeführt werden beispielsweise Kennzahlen für die Produktion, die Logistik oder den Vertrieb.
Beziehungsarten zwischen den Kennzahlen
Kennzahlen können auf unterschiedliche Weise miteinander in Beziehung stehen. Der Zusammenhang zwischen diesen Indikatoren kann logischer, empirischer oder hierarchischer Natur sein.
- Eine logische Beziehung beruht auf mathematischen oder aussagenlogischen Verknüpfungen. Ein mathematischer Zusammenhang ergibt sich beispielsweise bei den Kennzahlen Gewinn, Ertrag und Aufwand über folgende Gleichung:
Gewinn = Ertrag – Aufwand
- Eine empirische Beziehung kann aus Beobachtungen in der Vergangenheit abgeleitet werden. Typisch ist zum Beispiel die folgende Aussage:
„Je höher die Werbeausgaben, desto höher die Verkäufe.“
- Eine hierarchische Beziehung wird durch eine Bewertung der Relevanz und damit eine Rangordnung der Kennzahlen abgebildet. So entstehen Über- und Unterordnungsbeziehungen von Spitzenkennzahlen bis zu Hilfskennzahlen. So lassen sich etwa Controlling-Kennzahlen wie folgt unterteilen:
Bilanzcontrolling
Abschreibungsquote
Anlagenintensität
Betriebsergebnis
…
Finanzcontrolling
Cashflow
Liquidität
-
- Grades
- Grades
- Grades
…
Personalcontrolling
…
Bekannte Kennzahlensysteme
Unternehmen sollten ein Kennzahlensystem entwickeln, das auf ihre Verhältnisse zugeschnitten ist und ihre eigenen Bedürfnisse erfüllt. Generell sollte ein solches Kennzahlensystem übersichtlich, transparent und zielorientiert sein. Wichtig ist darüber hinaus, dass es anwendungsorientiert ist und mit konkreten Maßnahmen verknüpft werden kann.
Als Grundlage für das Aufstellen eines individuell auf die unternehmerischen Belange zugeschnittenen Kennzahlensystems können bekannte und etablierte Kennzahlensysteme dienen. Dazu gehören das DuPont-Kennzahlensystem für den ROI, das ZVEI- oder das RL-Kennzahlensystem.
DuPont-Kennzahlensystem
Das DuPont-Kennzahlensystem ist das bekannteste und älteste unter den Kennzahlensystemen und damit quasi der Prototyp der Kennzahlensysteme. Entwickelt wurde es 1919 vom Chemie-Konzern E.I. DuPont De Nemours and Company.
Es handelt sich um ein hierarchisch aufgebautes System, das viele typische Finanzkennzahlen des Unternehmens enthält. So werden Indikatoren des Erfolgs (etwa die Rendite) mit solchen des Kapitals (wie der Kapitalumschlag) zusammengeführt und daraus der Return on Investment (ROI) berechnet. Dieser steht bei dem hierarchischen System des folgenden sogenannten ROI-Baums an der Spitze.
Das DuPont-Kennzahlensystem ist nicht darauf ausgelegt, Gewinnmaximierung zu betreiben, sondern die Gesamtrentabilität des Unternehmens abzubilden – und, dank verschiedener Kontroll- und Steuerungsfunktionen, zu erhöhen. Zudem lässt es sich nicht nur auf das gesamte Unternehmen anwenden, sondern auch auf die Teile, deren Gewinn sich ermitteln lässt. Von Nachteil ist jedoch, dass es kurzfristig orientiert ist und die vorgelegten Zahlen oft Durchschnittswerte sind. Entscheidungen zu einer Verbesserung des Ergebnisses beruhen daher auf diesem Durchschnitt, nicht auf exakten Zahlen.
ZVEI-Kennzahlensystem
Das ZVEI-Kennzahlensystem beruht auf dem DuPont-Kennzahlensystem. Es wurde vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie e. V. (ZVEI) 1989 entwickelt und kann branchenübergreifend eingesetzt werden.
Das ZVEI-Kennzahlensystem ist hierarchisch gegliedert und verknüpft die Indikatoren mathematisch. Ziel dieses Systems ist die Analyse und Steuerung von Vorgängen im Unternehmen. Die Analyse durchläuft dabei zwei Stufen: Bei der Wachstumsanalyse werden Personal, Geschäftsvolumen, Erfolg und ähnliche Variablen betrachtet und beurteilt. Bei der folgenden Strukturanalyse wird eine bestimmte Wirtschaftsperiode fokussiert. An der Spitze des ZVEI-Kennzahlensystems steht die Eigenkapitalrentabilität. Die weiteren Kennzahlen orientieren sich an Jahresabschlussgrößen.
RL-Kennzahlensystem
Das Rentabilitäts-Liquiditäts-Kennzahlensystem (RL) wurde von Thomas Reichmann und Laurenz Lachnit 1976 direkt für den Controlling-Bereich entwickelt.
Im Gegensatz zu den anderen hierarchischen Systemen werden hier zwei Kennzahlen an die Spitze gesetzt: Liquidität und Rentabilität. Das Kennzahlensystem besteht zudem aus einem allgemeinen Teil und einem Sonderteil. Im allgemeinen Teil wird das Gesamtunternehmen betrachtet; zentral sind dabei das ordentliche (Betriebs-)Ergebnis sowie die liquiden Mittel. Im Sonderteil stehen unternehmensspezifische Kennzahlen im Fokus, etwa Deckungsbeiträge und Fixkosten. Der Vorteil des RL-Kennzahlensystems ist, dass hier zusätzlich die Liquiditätszielsetzung berücksichtigt wird.
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