Materialflussanalyse


Materialflussanalyse

Definition

Der Materialfluss umfasst gemäß VDI Richtlinie 2385 alle Vorgänge und deren Verknüpfung beim Gewinnen, Be- und Verarbeiten sowie Verteilen von stofflichen Gütern.

Im weiteren Sinn sind damit alle Förder- und Transportvorgänge in einer Wertschöpfungskette abgedeckt – von der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zur Auslieferung an den Endkunden, also die gesamte Supply Chain.

Im engeren Sinn bezieht sich der Materialfluss auf die Bewegungen von Gütern innerhalb eines Unternehmens – vom Wareneingang bis zum Warenausgang, also „von Rampe zu Rampe“, inklusive aller Lagervorgänge. Dies wird unter dem Begriff „innerbetrieblicher Materialfluss“ zusammengefasst. Bei der Analyse des Materialflusses kann der Fokus aber auch auf einzelne, festgelegte Produktionsbereiche gelegt werden.

Materialfluss = Logistik?

Obwohl der Materialfluss den gesamten Durchlauf von Gütern in der Supply Chain umfasst, ist er von der Logistik klar abzugrenzen. Der Materialfluss bezieht sich nur auf die tatsächlichen Transport-, Förder-, Lager- und Steuerungsvorgänge und den dazugehörigen Informationsaustausch. Die Logistik hingegen befasst sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle der inner- und außerbetrieblichen Material- sowie Informationsflüsse von der Beschaffung bzw. dem Einkauf bis hin zum Vertrieb und Versand. Die Logistik kann damit als das Management des Materialflusses angesehen werden.

Bedeutung des Materialflusses

Ohne Material kann, mangels Masse, keine Produktion oder Fertigung stattfinden. Der Kernprozess herstellender oder verarbeitender Unternehmen ist dann nicht möglich, es gibt keine Wertschöpfung und, als Folge, kein verkaufsfähiges Angebot als Output und keinen Erlös. Ohne zu verarbeitende Güter als Input – etwa durch Lieferengpässe – ist also die wirtschaftliche Existenz einer solchen Firma bedroht.

Diese Unternehmen sind also darauf angewiesen, über die benötigte Menge an Werkstoffen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Fertigteilen und Halbfertigwaren verfügen zu können. Die Logistik muss den Materialfluss sicherstellen, also gewährleisten, dass das benötigte Material in der passenden Menge zu der Zeit an dem Ort ist, wo es be- oder verarbeitet werden kann. Hier sind auf strategischer Ebene langfristige Lösungen anzustreben. Dazu gehören beispielsweise Kooperationsvereinbarungen, vertraglich abgesicherte „Just in time“-Lieferungen, die Gründung von Joint Ventures oder der Einbezug mehrerer, voneinander unabhängiger Lieferanten, um die Versorgung zu sichern. Auf operativer Ebene können kurzfristige Engpässe oder Versorgungslücken zum Beispiel über andere Wege der Beschaffung auf dem Markt, wie durch einen Lieferantenwechsel oder Ersatzmaterialien, ausgeglichen werden.

Wissen, was läuft – die Materialflussanalyse

Der Materialfluss ist ein existenzielles Glied in der Wertschöpfungskette. Er sollte also an die betrieblichen Gegebenheiten angepasst werden und den jeweils aktuell bestehenden Bedarf an Gütern an jeder Stelle des Unternehmens abdecken, um minimale Durchlaufzeiten bei der Be- oder Verarbeitung und damit maximale Effizienz zu ermöglichen. Verzögerungen bei der Bereitstellung oder Abholung sind ebenso zu vermeiden wie zu große Lagermengen, zu lange Transportwege oder ungeeignete Fördertechniken. Diese Faktoren beeinflussen die Wertschöpfung negativ und sind als Verschwendung von Ressourcen anzusehen.

Die Materialflussanalyse ist das Instrument, mit dem der Ist-Zustand des Materialflusses abgebildet werden kann. Durch sie wird sichtbar, wo prozessuale Schwachstellen und Engpässe vorhanden sind und wo organisatorisch Abstimmungsbedarf an Schnittstellen besteht. Aus dieser Analyse kann dann abgeleitet werden, an welchen Stellen Veränderungsbedarf besteht, der Prozess des Materialflusses also optimiert werden kann. Mit dieser Prozessoptimierung steigt die Operational Excellence, messbar an der Gesamtanlageneffektivität (GAE), und damit der Wertschöpfungsgrad.

Die Materialflussanalyse kann auch als Grundlage zur Aufstellung eines Materialflusskonzepts dienen. Dabei wird der tatsächliche Durchlauf von Materialien und Gütern zunächst systematisiert als Schema dargestellt. Dieses Modell kann dann bearbeitet werden, um den angestrebten optimierten innerbetrieblichen Materialfluss zu entwerfen. Berücksichtigt werden dabei alle Transport-, Förder-, Lager- und Prüfvorgänge – von Rampe zu Rampe. Deutlich werden so unter anderem die Wege, Zeiten sowie der Flächen- und Personalbedarf. Damit kann der Materialfluss zum bestimmenden Faktor für das Layout einer Produktionsstätte werden: Auf Basis der Materialflussanalyse und des erstellten Materialflusskonzepts kann das bestehende Fabriklayout angepasst werden, um Verschwendung zu reduzieren. Bei der Planung einer neuen Anlage kann der Materialfluss von vornherein optimiert werden.

Ablauf der Materialflussanalyse

Die VDI-Richtlinie 2689 „Leitfaden für Materialflussuntersuchungen“ kann bei der praktischen Durchführung einer Materialflussanalyse wertvolle Hilfestellung bieten. Etabliert ist die Materialflussanalyse ebenfalls als REFA-Standardmethode.

Je nach Quelle wird die Materialflussanalyse dabei in vier und mehr Phasen untergliedert, je nachdem, welche Schritte wie zusammengefasst werden. Eine Möglichkeit ist diese:

  • Zielformulierung (z. B. Verkürzung der Durchlaufzeiten um 10 %);
  • Festlegung der Systemgrenzen und Schnittstellen des Betrachtungsbereichs (z. B. Fertigung von Modul x);
  • Datenerhebung (z. B. automatisiert über ein Produktionsplanungs- und Steuerungs- (PPS-) oder ein Enterprise-Ressource-Planning- (ERP-)System, aber auch manuell etwa durch Begehung, Beobachtung und Befragung);
  • Datenauswertung, Dokumentation und grafische Darstellung (z. B. mittels Sankey-Diagramm);
  • Ableitung von Maßnahmen.

Grafische Darstellung des Materialflusses

Ein Ergebnis der Materialflussanalyse ist Darstellung oder Abbildung des Materialflusses. Grafische Darstellungen wie etwa Flussdiagramme erleichtern den Überblick und stellen Verhältnisse anschaulicher dar als beispielweise schwer zu interpretierende, komplexe Tabellen. Hier ist allerdings immer abzuwägen zwischen einer übersichtlichen Darstellung und einer (dabei oft unzulässigen) Vereinfachung.

Die wichtigsten Elemente der Darstellung sind:

  • interne Mengenstellen wie Lager, Arbeitsplätze, Fertigungsbereiche oder Produktionsanlagen;
  • externe Mengenstellen wie Lieferanten, Dienstleister, Handel oder Reststoffverwerter;
  • Materialflüsse als regelmäßige Transporte oder Förderleistungen von → nach;
  • Systemgrenzen als Schnittstellen zwischen den betrachteten Bereichen.

Dabei kann bei der Darstellung zwischen dem qualitativen und dem quantitativen Materialfluss unterschieden werden:

  • Bei der qualitativen Darstellung des Materialflusses werden nur Transportbeziehungen dargestellt: von → nach. Dies ist insbesondere bei komplexen Verflechtungen sinnvoll, da die Reduktion die Übersichtlichkeit fördert.
  • Bei der quantitativen Darstellung des Materialflusses wird neben den Transportbeziehungen auch die Menge der beförderten Güter – beispielsweise mit der Angabe Stückzahl, Gewicht oder prozentualer Anteil (wie im Sankey-Diagramm) – angegeben.

Typische Beispiele für grafische Darstellungen sind Erhebungs- und Materialflussbögen, Zuordnungstabellen, Fluss- und Gantt-Diagramme sowie Von-Nach-, Bewertungs- und Gewichtungsmatrizen und auch Prozessgraphen sowie Netzpläne. Die tatsächliche Art der Darstellung sollte sich an den Verhältnissen vor Ort und den Bedürfnissen der Nutzer oder Entscheider ausrichten.

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