Skip to main content

Das Know-How.

Seminare, Schulungen, Ausbildungen und Trainings

Stillstandszeiten und Ausfallzeiten


Stillstandszeiten und Ausfallzeiten

Definition

Als Stillstandszeiten und Ausfallzeiten gelten in der industriellen Fertigung die Zeiten, an denen die Produktion ruht und keine Wertschöpfung stattfindet. Das Kriterium zur Unterscheidung ist die Verfügbarkeit der Maschine oder Anlage:

  • Stillstandszeiten sind die Zeiten, an denen eine zur Verfügung stehende Maschine geplant oder ungeplant nicht in Betrieb ist, also nicht genutzt oder eingesetzt wird.
  • Ausfallzeiten sind die Zeiten, an denen die Maschine nicht verfügbar ist, also nicht genutzt oder eingesetzt werden kann.

Bei einer weniger strengen Auslegung können die Ausfallzeiten auch als Untermenge der Stillstandszeiten angesehen werden: Ist eine Maschine wegen eines Defekts oder einer Störung nicht einsatzbereit, läuft sie nicht – sie steht still.

Der Idealzustand – und die Realität

Das Ideal ist eine Anlage, die kontinuierlich mit maximaler Leistung und Auslastung („24/7“, also 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche) läuft und ohne zu verschleißen mängelfreie Güter produziert. In diesem unrealistischen Fall liegt die Gesamtanlageneffektivität (GAE, auch Overall Equipment Effectiveness, OEE, oder Overall Asset Effectiveness, OAE, genannt), die Kennzahl für die Produktivität in der Fertigung, bei 100 Prozent – bezogen auf die sogenannte Kalenderzeit als Grundzeit.

Dieses theoretische Maximum wird in der Realität aber nicht erreicht, da beim Einsatz von Geräten, Maschinen und Anlagen immer wieder geplante und ungeplante Unterbrechungen auftreten. Die Ursachen können externe Faktoren und Randbedingungen sein – ein Stromausfall ebenso wie gesetzliche Feiertage –, aber auch interne Sachzwänge. Diese lassen sich kategorisieren in betriebsbedingte, produktionsbedingte oder zufallsbedingte Anlässe. Beispiele dafür sind Einschicht- statt Mehrschichtbetrieb, Umstellung auf ein neues Produkt oder ein medizinischer Notfall beim Personal. All diese Faktoren reduzieren die tatsächliche Laufzeit einer Gerätschaft; die Kennzahl Gesamtanlageneffektivität ist damit immer kleiner als 100 Prozent.

Stillstände – geplant und ungeplant

Stillstände und Ausfälle treten immer wieder auf. Im Gegensatz zu Ausfallzeiten sind Stillstandszeiten aber in vielen Fällen sogar unverzichtbare Elemente des regulären Geschäftsbetriebs. Typische Beispiele sind das interne Rüsten oder Instandhaltungsmaßnahmen. Da bei einem Stillstand aber keine Wertschöpfung stattfindet und kein Output erzeugt wird, müssen aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Anzahl und die Dauer der Stillstandszeiten minimiert werden. Das Ziel ist, die Verfügbarkeit der Anlagen und deren Laufzeit zu erhöhen, um die Auslastung bzw. die Gesamtanlageneffektivität zu steigern und Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten zu verringern. Damit wird – aus Sicht der Lean Production – die Verschwendung der Ressource Zeit reduziert.

Zu den Ursachen geplanter Stillstände zählen unter anderem:

  • nicht besetzte Arbeitsplätze, z. B. bei nicht durchgängigem Schichtbetrieb, an Wochenenden und Feiertagen oder wegen Pausen, Qualifizierungsmaßnahmen, Betriebsversammlungen sowie Personalmangel;
  • Rüstzeiten (je nach Sichtweise werden diese auch den ungeplanten Stillständen zugerechnet);
  • Wartungs-, Inspektions- und Instandsetzungs- sowie Optimierungsmaßnahmen an festgelegten Terminen;
  • Umbaumaßnahmen am Gebäude (ist die Maschine betroffen, handelt es sich um eine Ausfallzeit);
  • angekündigte Arbeitsniederlegungen (Streik).

Die Zeiten der geplanten Stillstände werden von der Kalenderzeit als theoretisch maximaler Laufzeit abgezogen, um die Betriebszeit als Planbelegungszeit zu erhalten:

Betriebszeit = Kalenderzeit – geplante Stillstandszeiten

Andere Berechnungsansätze gehen von der tatsächlich für betriebliche Prozesse zur Verfügung stehenden Zeit als Grundzeit aus, nicht von der Kalenderzeit. Zeiten „außerhalb der Schichten“ fallen damit aus der Betrachtung heraus; die Grundzeit ist die effektive Wirtschaftszeit oder Geschäftszeit, an der regulär gearbeitet wird.

Ungeplante Stillstände – keine Ausfälle, die etwa durch Blitzschlag oder Brand verursacht werden – lassen sich oftmals vermeiden, da sie in begrenztem Rahmen vorhersehbar sind. Hier hilft bereits eine bessere, weil vorausschauende Planung. Weitere Maßnahmen zur Reduktion der Stillstandszeiten sind eine stetige Prozessoptimierung (kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP) oder Einsatz von moderner Software wie PPS- oder ERP-Systemen (Produktionsplanungs- und -steuerungs- oder Enterprise-Resource-Planning-Systeme). Auch ein präventives oder prospektives Instandhaltungsmanagement kann Stillstände zumindest hinauszögern oder in ihrer Dauer beschränken.

Dabei ist gar nicht klar definiert, was als ungeplanter Stillstand gilt; unter Umständen ist dies auch abhängig von der Art der Zeitaufnahme. Bei einigen Unternehmen beginnen ungeplante Stillstände ab einer oder auch erst ab fünf Minuten Dauer; die Zeiten werden geschätzt oder manuell per Stoppuhr ermittelt. Werden Produktionsparameter automatisch kontinuierlich erfasst, kann der Stillstand quasi „in Echtzeit“ registriert werden.

Ursachen für ungeplante, aber vermeidbare Stillstände sind zum Beispiel:

  • Leerlauf- und Wartezeiten, bedingt durch Nichtbesetzung eines Arbeitsplatzes (Pause oder Toilettengang des Personals) oder fehlende Abstimmung mit der Logistik;
  • fehlerhafte Prozesse wie falsches Bestücken von Maschinen oder Auslassen eines Arbeitsschritts, was beim nächsten Vorgang zur Störung führt;
  • Anpassungen der Produktionsmittel an individuelle Kundenanforderungen („Losgröße 1“); dazu werden teils auch die Rüstzeiten gezählt;
  • Reparaturen und (reaktive) Instandsetzungsarbeiten.

Bei einer ganzheitlichen Prozessoptimierung beginnt die Vermeidung von ungeplanten Stillständen bereits beim Layout der Anlage, also der Anordnung der Maschinen und Arbeitssystemen, und dem Design bzw. der ergonomischen Ausgestaltung der Arbeitsplätze.

Einbezogen werden dann neben der Fertigung auch die Instandhaltung und die Logistik. Gemäß Lean-Production-Ansatz ist hier jegliche Art von Verschwendung (Muda) zu identifizieren und zu minimieren, nicht nur unproduktive Zeiten.

Ausfälle

Ausfälle lassen sich definieren als in der Regel ungeplante, zufallsbedingte, nicht vorher- oder absehbare Stillstände.

Zu den Ursachen für Ausfälle gehören unter anderem:

  • Funktionsstörungen, z. B. durch Beeinträchtigung der Versorgung mit Energie, Wasser, Kühlschmiermittels etc. oder des Zu- oder Abflusses von Materialien, durch verklemmte Maschinenteile oder Fehler in der Regelungs- und Steuerungselektronik;
  • Defekte durch Verschleiß und Alterung;
  • mechanische, elektrische, elektronische, Wasser- und Feuerschäden;
  • Unfälle und medizinische Notfälle;
  • höhere Gewalt (z. B. Elementarschäden durch Wind, Wasser, Schnee, Feuer oder Erdbewegungen, aber auch gesellschaftliche Aktionen wie Besetzungen, Einsatz von Sicherheits- und Rettungskräften, politische Unruhen);
  • Diebstahl, Sabotage, Terrorismus.

Anlagenverfügbarkeit und Leistungsgrad

Aus der Betriebszeit oder Planbelegungszeit ergibt sich nach Abzug der Zeiten ungeplanter Stillstände die LaufzeitDies ist die Zeit, in der die Maschine oder Anlage tatsächlich genutzt wird, also Wertschöpfung stattfindet.

Laufzeit = Betriebszeit – ungeplante Stillstandszeiten

Aus dem Anteil der Laufzeit an der Betriebszeit – hier wird teils die Kalenderzeit als Grundzeit eingesetzt – lässt sich die Anlagenverfügbarkeit, kurz Verfügbarkeit, als betriebswirtschaftliche Kennzahl ableiten. Üblich ist die Darstellung als Prozentangabe. Berechnet wird sie nach folgender Formel:

Verfügbarkeit = Laufzeit  x 100
Betriebszeit

Wie groß der tatsächliche Output während der Laufzeit ist, wird von vielen Faktoren bestimmt. Einfluss haben unter anderem die Geschwindigkeit, mit der die Anlage läuft, die Dauer des An- und Herunterfahrens sowie die Länge und Anzahl der sogenannten Micro Stops, die sich zum Beispiel durch Unachtsamkeiten oder Ungeschicklichkeiten der Mitarbeiter oder deren Kommunikation untereinander ergeben.

Aus den während der Laufzeit als Ist- und der Planbelegungszeit als Soll-Stückzahl produzierten Einheiten lässt sich der Leistungsgrad der Anlage berechnen. Diese Kennzahl gibt die Verluste durch Abweichung von der geplanten Soll-Leistung an. Je weniger ungeplante Stillstandszeiten anfallen, desto höher ist der Leistungsgrad.

Leistungsgrad = Ist-Leistung  x 100
Soll-Leistung

Stillstandskosten

Jeder Stillstand, ob geplant oder ungeplant, hat direkte negative finanzielle Folgen. Die Fixkosten bleiben gleich, auch wenn an der ruhenden Anlage keine Wertschöpfung stattfindet. Zudem fallen in der Regel weitere Kosten für Material und Personal an – sei es für die Arbeiten am Betriebsmittel selbst, für die Behebung der Ursachen oder für die Bezahlung externer Dienstleister.

Die unmittelbaren Kosten des Stillstands – im worst case des Ausfalls – setzen sich in der Regel aus vier Faktoren zusammen: der Stillstandszeit, der durchschnittlichen Produktionsrate pro Stunde, den während des Stillstands nicht produzierten Einheiten und dem Bruttogewinn pro Einheit. Berechnet oder zumindest abgeschätzt werden können sie nach folgendem Schema.

Betriebszeit – Laufzeit = Stillstands- oder Ausfallzeit

Summe produzierte Einheiten = Produktionsrate pro Stunde
Stunden Betriebszeit

Stillstands- oder Ausfallzeit x Produktionsrate pro Stunde = Anzahl nicht produzierter Einheiten

Anzahl nicht produzierter Einheiten x Bruttogewinn pro Einheit = Bruttoschaden

Zu dem so errechneten Bruttoschaden sind die Aufwendungen für die Fehlersuche und die Fehlerbehebung zu addieren, um ein Gesamtbild der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Stillstandszeit zu erhalten.

Fazit

Maschinen und Anlagen laufen nicht kontinuierlich durch, sondern stehen auch still. Dafür gibt es viele Ursachen. Einige Stillstandszeiten sind unvermeidlich, da sie Teil des Produktionsprozesses sind. Viele aber lassen sich verkürzen, in unproduktive Zeiträume verlegen oder hinauszögern.

Ungeplante, mehr oder weniger zufallsbedingte Stillstands- und insbesondere Ausfallzeiten sind jedoch nicht systemimmanent. Sie sind häufig kostenintensiv, da der Prozess der Wertschöpfung als betrieblicher Kernleistung empfindlich gestört wird. Eine Wiederaufnahme der Produktion ist dann erst nach Behebung der Schäden oder Defekte bzw. der Aufhebung einer Notfallsituation möglich. 

REFA Online-Seminar - live & interaktiv