Wertstrom

Definition
Unter Wertstrom versteht man den Zuwachs einer in monetären Einheiten messbaren Qualität oder Funktionalität eines Wirtschaftsguts beim Durchlaufen eines Be- oder Verarbeitungsprozesses.
Das Wirtschaftsgut im Wertstrom
Das Wirtschaftsgut kann in materieller, immaterieller oder ideeller Form auftreten. Es kann sich also beispielsweise um ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Information handeln. Dieses Wirtschaftsgut erfährt durch die Summe aller direkten und indirekten Aktivitäten im Transformationsprozess eine Wertsteigerung: Es findet eine Wertschöpfung statt. Über diese Wertschöpfung wird ein (besteuerbarer) Mehrwert geschaffen. Dieser muss auf der Seite der Abnehmer bewusst wahrgenommen und in seiner Höhe bzw. Ausprägung akzeptiert werden, damit der Transformationsprozess durch den Erwerb des Sachguts oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung finanziert werden kann.
Betrachtungsebenen
Betrachtet werden kann der Wertstrom prinzipiell auf den drei Ebenen Prozess, Unternehmen und Liefer- oder Wertschöpfungskette:
- Prozessebene: Die Vielfalt des Transformationsprozesses deckt ein großes Spektrum ab. Dieses beginnt bei der (industriellen) Fertigung eines Produkts bzw. einer Produktfamilie oder der (gewerblichen) Erbringung einer Dienstleistung. Weiter gehören die Be- und Verarbeitung von Daten und Informationen, etwa auf Verwaltungsebene, dazu. Auch beispielsweise künstlerische Darbietungen werden dazu gezählt.
- Unternehmensebene: Die Systemgrenzen sind hier gemäß Push-Prinzip die Warenanlieferung und die Auslieferung des Endprodukts an den Handel („von Rampe zu Rampe“) bzw. gemäß Pull-Prinzip vom Eingang des Auftrags bzw. der Bestellung bis zur Auslieferung an den (End)Kunden.
- Supply-Chain – Liefer- oder Wertschöpfungskette: Die Wertschöpfung wird hier über alle Stufen der Be- und Verarbeitung aller eingesetzten Wirtschaftsgüter betrachtet, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Übergabe des Sachguts an den Endkunden („End-to-End“).
Wertschöpfende und nicht wertschöpfende Prozesse
Nicht alle Vorgänge, die im Zusammenhang mit dem Durchlauf eines Wirtschaftsguts durch den Transformationsprozess stattfinden, sind produktiv und führen zu einem Mehrwert. Neben den direkt wertschöpfenden Vorgängen bei dessen Be- und Verarbeitung auf dem Weg vom Systemeingang bis zum Systemausgang (Black Box) gibt es auch nicht direkt wertschöpfende sowie nicht-wertschöpfende Vorgänge. Dazu gehören zum Beispiel administrative Abläufe, logistische Aufgaben und begleitende Tätigkeiten sowie Stillstände.
Begleitende Tätigkeiten oder auch Begleitprozesse sind der Infrastruktur eines Unternehmens zuzurechnen. Sie sind selbst nicht produktiv, tragen aber indirekt zur Wertschöpfung bei, da sie das operative Geschehen unterstützen. Einen großen Anteil daran haben Einrichtungen der Verwaltung, also zum Beispiel Management, Buchhaltung, Personal- und IT-Abteilung. Dazu kommen Aufgabenbereiche wie Marketing und Werbung, Lager und Logistik, Verpackung, Kommissionierung und Versand sowie Vertrieb. Aber auch der Hausdienst und die Kantine gehören dazu. Diese auf den ersten Blick „nicht-produktiven“ Organisationsteile sind notwendig zur Bereitstellung eines marktfähigen Angebots.
Stillstände in der Produktion können geplant werden oder ungeplant auftreten (siehe Gesamtanlageneffektivität, GAE). Geplante Stillstandzeiten sind beispielsweise die außerhalb der Arbeitszeiten – also am Feierabend. Aber auch notwendige Vorgänge wie das Rüsten sowie Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, die Maschinenstillstände bedingen, werden geplant. Ungeplant sind hingegen Stillstände durch Leerlauf, teils auch durch Wartezeiten sowie Funktionsstörungen oder Notfallmaßnahmen.
Der Gesamtwertstrom, also die Summe aller Material- und Informationsflüsse sowie Vorgänge und Abläufe innerhalb eines Systems zur Schaffung eines Mehrwerts, besteht damit aus drei Arten von Tätigkeiten:
- (direkt) wertschöpfende Tätigkeiten;
- unvermeidbare nicht- und damit nur indirekt wertschöpfende Tätigkeiten;
- vermeidbare nicht-wertschöpfende Tätigkeiten (Verschwendung).
Der durch den Transformationsprozess im Gesamtwertstrom geschaffene Mehrwert muss für den Abnehmer sicht- bzw. erfahrbar sein, sonst wird er nicht bereit sein, den für das Wirtschaftsgut geforderten Preis zu zahlen. Um den Preis der Sach- oder Dienstleistung bei gleichbleibender Qualität marktfähig zu gestalten, muss die Wirtschaftlichkeit des Prozesses erhöht werden. Dies ist möglich, wenn der Anteil nicht-wertschöpfender – oder, buchhalterisch ausgedrückt, nicht fakturierbarer – Tätigkeiten minimiert wird.
Das Ziel: die effizientere Schaffung des Mehrwerts
Das Ziel jeder kommerziell ausgerichteten Organisation muss sein, eine möglichst effiziente Art der Wertschöpfung zu erreichen. Gerade produzierende Unternehmen sowie Anbieter von Dienstleistungen sollten die Effizienz bei der Schaffung eines Mehrwerts steigern, um ihre Position auf einem umkämpften Markt zu stärken.
Der angestrebte maximale Effizienzgewinn lässt sich nur durch ein zielgerichtetes, systematisches Vorgehen zur gesamtheitlichen Überprüfung und umfassenden Optimierung aller Prozesse der Organisation erreichen. Hier setzt das Wertstrommanagement an, das typischerweise aus drei Schritten besteht:
- Eine Wertstrom-Analyse schafft die Basis für das weitere Vorgehen. Hier werden (direkt) wertschöpfende, unvermeidbare nicht-wertschöpfende (indirekt wertschöpfende) sowie vermeidbare bzw. überflüssige nicht-wertschöpfende Tätigkeiten und Abläufe identifiziert und dokumentiert. Die Wertstrom-Analyse bildet damit den Ist-Zustand ab.
- Im Rahmen des Wertstrom-Designs wird ein Soll-Zustand entworfen. Vermeidbare nicht-wertschöpfende Tätigkeiten und Abläufe und damit Verschwendung sollte dieser nicht mehr enthalten. Zudem sind der Anteil und das Ausmaß unvermeidbarer nicht-wertschöpfender Tätigkeiten – der „Overhead“ – zu minimieren. Auch der Wertstrom selbst ist möglichst auf die tatsächlich wertschöpfenden Tätigkeiten zu beschränken.
- Bei der Wertstrom-Planung stehen die Prozessoptimierung und die verbesserte Abstimmung der Abläufe aufeinander im Vordergrund. Unterstützt wird dieser Schritt durch den Einsatz von Produktionsplanungs- und -steuerungs- (PPS-) Systemen. Langfristig kann eine stetige weitere Verbesserung durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) oder durch Kaizen erreicht werden.
Fazit
Der Wertstrom steht sinnbildlich für die Wertschöpfung bei einem Wirtschaftsgut während seiner Be- und Verarbeitung. Die Perspektive ist dabei prozess- und nicht funktionsorientiert; betrachtet werden Abläufe und Tätigkeiten, nicht Aufgaben.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der Wertstrom ein Maß für die Prozessgüte: Der Wertstrom kann durch die Abstimmung der einzelnen Schnittstellen und Abläufe aufeinander sowie die Vermeidung von Verschwendung auf allen Ebenen optimiert werden. Das Ergebnis ist die Steigerung der Effizienz bei der Leistungserbringung. Damit erhöht sich die Wirtschaftlichkeit der Organisation.
Um die Potenziale, die der Wertstrom bietet, identifizieren und nutzen zu können, sollte ein systematisches und zielgerichtetes Wertstrommanagement etabliert werden.
Ihr Ansprechpartner
Torsten Klanitz
Produktmanager
Fon: +49 6151 8801-125