Wertstrommanagement


Wertstrommanagement

Definition

Der Begriff „Wertstrommanagement“ setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Wertstrom und Management:

  • Als Wertstrom angesehen werden kann der monetär bestimmbare Zufluss oder Zuwachs, den ein Wirtschaftsgut beim Durchlaufen eines Veredelungsprozesses erfährt. Bei diesem Bearbeitungsvorgang – dies kann auch die Ausführung einer Dienstleistung sein – wird ein steuerlich relevanter Mehrwert geschaffen.
  • Unter Management ist organisational die Institution Geschäftsführung zu verstehen; oft werden mit dem Begriff aber die verschiedenen Leitungsebenen belegt. Funktional handelt es sich um die Leitung, Planung, Organisation und Überwachung von Abläufen.

Das Wertstrommanagement, auch Value Stream Management (VSM) genannt, ist damit die systematische und vorausschauende Steuerung aller Aktivitäten, die direkt oder indirekt zur Wertsteigerung eines Wirtschaftsguts beitragen. Erreicht werden soll damit eine Optimierung der Material- und Informationsflüsse bei wertschöpfenden Vorgängen. Damit ist es prozess- und nicht funktionsorientiert: Im Fokus stehen Abläufe, nicht Zuständigkeiten. Ziel ist die bestmögliche Abstimmung der beteiligten Schnittstellen, Personen und Anlagen aufeinander, um Bearbeitungs- und damit Durchlaufzeiten zu minimieren. Dazu gehört, Schwachstellen und Flaschenhälse zu identifizieren und zu eliminieren, Verschwendung auf ein Mindestmaß zu reduzieren und so die Effizienz des Wertschöpfungsprozesses zu steigern.

Bedeutung des Wertstrommanagements

Das Wertstrommanagement sollte prinzipiell strategisch ausgerichtet sein und dabei langfristige Einflüsse berücksichtigen. Kurz- und mittelfristige Wirkung entfaltet es mit seinen operativen Elementen, die sich auf die Vorgänge in der eigenen Organisation beziehen oder auch einzelne Prozesse fokussieren. Ein solch umfassendes Wertstrommanagement ist eine wichtige Voraussetzung zur Steigerung der Effizienz in der Produktion oder beim Angebot von Dienstleistungen. Am Markt teilnehmende Organisationen können über die erzielten Effizienzgewinne ihre Wettbewerbsposition stärken und verbessern.

Wird das Wertstrommanagement dazu genutzt, gemäß Lean-Ansatz alle Vorgänge bei der Wertschöpfung an den Anforderungen der Kundschaft auszurichten, können produzierende Unternehmen im Idealfall die Losgröße 1 realisieren. Aber auch Dienstleistungsanbieter oder Verwaltungseinrichtungen können so größere Kundennähe zeigen und spezifisch auf ihr Klientel zugeschnittene Angebote präsentieren.

Vom Prozess zur Supply Chain

Das Wertstrommanagement enthält strategische und operative Anteile. Dies wird deutlich, wenn man drei Ebenen unterscheidet:

  • Auf Prozessebene betrifft das Wertstrommanagement operativ die Herstellung eines Produkts oder einer Produktfamilie.
  • Auf Unternehmensebene reicht es von der Anlieferung der Ausgangsmaterialien bis zum Versand des Endprodukts. Operativ dient es der Erhöhung der Effizienz von Abläufen. Strategisch sind Entscheidungen zur Steigerung der Effektivität, etwa durch den Einsatz modernerer Maschinen oder neuer Verfahren.
  • Auf Ebene der Supply Chain wirkt das strategische Wertstrommanagement – „End-to-End“. Es umfasst dann alle Prozesse von der Rohstoffgewinnung bis zur Auslieferung von Waren an die Endabnehmer und hat dabei sich abzeichnende Trends und Kundenwünsche zu berücksichtigen.

Umgesetzt wird das Wertstrommanagement in der Regel bottom-up: Am Anfang steht die Optimierung eines einzelnen Prozesses oder Vorgangs. Danach wird die Organisation als Ganzes betrachtet: Auf Organisationsebene entsteht so ein ganzheitliches Wertstrommanagement. Im Bereich der Supply Chain werden die Schnittstellen zu Lieferanten, Versand und Logistik sowie Handelspartnern überwunden. Damit ergibt sich ein übergreifendes Wertstrommanagement als Teil des Supply Chain Managements.

Die Aufgabe: Wertschöpfung erhöhen

Das Wertstrommanagement soll dazu dienen, die Wertschöpfung zu maximieren, um die Verschwendung von Ressourcen bei der Transformation eines Gutes zu vermeiden. Damit wird die Effizienz dieses Prozesses erhöht, die Produktivität steigt. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, sind zwei Wege gangbar: die Analyse, Organisation, Überwachung und Optimierung bestehender Abläufe sowie die Entwicklung und Planung neuer Vorgehensweisen, um einen höheren Zuwachs an Mehrwert zu erreichen.

Auf operativer Ebene werden dazu die bestehenden Prozesse untersucht und in wertschöpfende, unterstützende und nicht wertschöpfende differenziert. Die Aufgabe ist dann, einerseits die wertschöpfenden Prozesse gezielt zu optimieren und andererseits den Anteil der unterstützenden und nicht-wertschöpfenden Abläufe auf ein Minimum zu reduzieren. Daraus ergibt sich ein evolutionäres Wertstrommanagement, das auf einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) – nach Lean-Philosophie Kaizen – beruht. Die Steigerung der Effizienz beruht auf einer möglichst perfekten Abstimmung der eingesetzten materiellen und immateriellen Produktionsfaktoren – also einerseits „Mensch, Maschine, Material“, andererseits Energie, Daten, Informationen und Know-how.

Auf strategischer Ebene können zukunftsweisende Entscheidungen über alternative Vorgehensweisen zur Steigerung der Effektivität vorbereitet werden. Dazu gehören die Beschaffung neuer Anlagen oder die Etablierung neuer Verfahren. Dabei können auch radikale, disruptive Ansätze ausgearbeitet werden, die zu einem anderen Wertstrom führen und die Prozesslandschaft revolutionieren (Kaikaku).

Das Wertstrommanagement als etablierter Prozess

Wertstrommanagement ist, wie jede Art von Management, eine permanente Aufgabe und kein einmaliger Vorgang. Sinnvoll ist die Betrachtung des operativen Wertstrommanagements als kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP). Etabliert hat sich dabei eine zyklische Vorgehensweise, wobei jeder Zyklus aus drei Schritten besteht. Ziel ist, ausgehend vom Ist-Zustand eines bestehenden Prozesses einen stabilen verbesserten Prozess zu etablieren.

Begonnen werden sollte beim Wertstrommanagement bottom-up, also auf Prozessebene. Besonders geeignet sind Kernprozesse, die einen großen Anteil an der Wertschöpfung im Unternehmen haben, aber als verbesserungsfähig eingeschätzt werden, da deren Schwachstellen oder Engpässe bekannt sind.

Ist der Prozess ausgewählt, folgen die Schritte

  1. Wertstrom-Analyse (Value Stream Mapping),
  2. Wertstrom-Design (Value Stream Design) und
  3. Wertstrom-Planung (Value Stream Planning).

Bei der Wertstrom-Analyse wird der Ist-Zustand des Prozesses und damit des Wertstroms erfasst. Prozessschritte und Schnittstellen werden ebenso wie Material- und Informationsflüsse mithilfe standardisierter Symbole abgebildet. Relevante Daten und Kennzahlen ergänzen die Grafik. Auch bereits identifizierte Schwachstellen können angegeben werden. Die Darstellung als Bild schafft Transparenz über den Prozess sowie die bestehenden Zusammenhänge und fördert das gemeinsame Verständnis der Beteiligten.

Im folgenden Wertstrom-Design wird auf Basis der Wertstrom-Analyse der Soll-Zustand des Prozesses entworfen: Dabei können wieder die bekannten Symbole verwendet werden. Dieser Entwurf sollte zusammen mit den betroffenen Mitarbeitern erarbeitet werden, da sie als Experten am „Ort des Geschehens“ (Gemba) die Anlagen und deren Schwachstellen sowie Schnittstellen kennen. Diese Grafik ist die gemeinsam konzipierte Vision für einen kundenorientierten verbesserten Material- und Informationsfluss (Value Stream Design Vision, VSD Vision).

Im Rahmen der Wertstrom-Planung wird das neue Wertstrom-Design konkretisiert. Dabei werden die Maßnahmen ausgewählt und festgelegt, die nötig sind, um den entwickelten verbesserten Prozess umzusetzen und den Wertstrom damit zu verbessern.

Die neue Vorgehensweise wird dann umgesetzt, evaluiert und etabliert. Der neue Wertstrom wird fortlaufend überwacht und bei Bedarf angepasst. Hier wird oft auf den PDCA-Zyklus mit seiner Abfolge aus den Schritten Plan – Do – Check – Act zurückgegriffen, um den neuen Prozess zu stabilisieren.

Der so neu entstandene Ist-Ablauf wird im nächsten Zyklus des Wertstrommanagements zum Ausgangspunkt der nächsten Optimierungsrunde. Der Wertstrom wird so idealerweise durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess immer weiter gesteigert.

Fazit

Wertstrommanagement umfasst als kontinuierliche Managementaufgabe die Planung, Steuerung und Überwachung aller Aktivitäten, die direkt oder indirekt einen Mehrwert bei einem Wirtschaftsgut bedingen. Durch Reduktion der Anteile von unterstützenden und nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten und Vorgängen wird die Wertschöpfung verbessert; die Verschwendung von Ressourcen wird dabei gleichzeitig verringert. Dieser Effizienzgewinn ist in vielen Fällen wirtschaftlich bedeutend und kann die Wettbewerbsposition am Markt stärken.

Wird das Wertstrommanagement dazu genutzt, alle Vorgänge bei der Wertschöpfung an den Anforderungen der Kundschaft auszurichten, ist es ein wichtiger Baustein des Lean Managements – denn hier steht die Kundenorientierung im Vordergrund.

Die Gleichbehandlung aller Geschlechter ist uns wichtig und gehört zu unseren gelebten Kernwerten. In Texten verzichten wir auf sprachliches Gendern,
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