Da Kosten und Zeiten in einzelnen Prozessen detailliert visualisiert werden, lassen sich wertschöpfende Tätigkeiten von verschiedenen Arten der Verschwendung unterscheiden und Kostensenkungspotenziale identifizieren.
Dargestellt wird die Wertzuwachskurve in einer zweidimensionalen Grafik, in der die (kumulierten) Herstellungskosten über einer Zeitachse aufgetragen werden. Die Steigung der Kurve ist ein Maß für die Effizienz des Erstellungsprozesses, die Fläche unter der Kurve zeigt die Kapitalbindung während der Produktion an und damit die für diese anfallenden Kosten. Da das Prozessdesign berücksichtigen sollte, die kapitalintensivsten Schritte als Preistreiber an das Ende der Wertschöpfungskette zu legen, sollte die Kurve zu Beginn der Produktion also möglichst flach verlaufen und erst am Ende ansteigen.
Möglichkeiten zur Kostensenkung entstehen durch eine Reduktion der Kapitalbindung – also einer Minimierung der Fläche unter der Wertzuwachskurve. Dies kann erreicht werden durch:
- eine Verkürzung der Durchlaufzeit;
- die Senkung der Herstellungskosten;
- ein entsprechendes Prozessdesign, bei dem werthaltigere Arbeitsgänge möglichst spät erfolgen (eine Modifikation der Steigung).
Maßnahmen dazu sind die Reduktion der Anzahl benötigter Teile, Standardisierung, die Synchronisierung und Parallelisierung der einzelnen Fertigungsstufen sowie Automatisierung und das Just-in-Time-Prinzip.
Die Wertzuwachskurve bildet also den Fluss von Materialien und die Abfolge von Tätigkeiten bei der Produktion anhand der Kosten ab (Wertstrom,Value Stream Mapping). Sie enthält damit sowohl wertschöpfende Primär- als auch nicht wertschöpfende Unterstützungsaktivitäten. Verfolgt man den Lean-Gedanken und setzt man dabei das Pull-Prinzip (Kunde als Auslöser des Fertigungsprozesses) konsequent um, kann der Wertzuwachs auf Basis einer Analyse (Wertstromanalyse) in drei Leistungskategorien differenziert werden:
- Wertschöpfung. Sie repräsentiert den eigentlichen Nutzen des jeweiligen Produktionsschritts aus Sicht des Kunden und erhöht den Wert des Produkts.
- Verschwendung Typ I: Hierzu gehören Leistungen, die aus Kundensicht keinen Nutzen stiften. Diese Verschwendung zu eliminieren ist aber aufgrund technischer oder anderer (rechtlicher) Randbedingungen oft nicht möglich.
- Verschwendung Typ II: Diese Leistung wird von der Kundschaft nicht als Wertzuwachs betrachtet und ist muss nicht aufgrund der Randbedingungen ausgeführt werden. Sie kann (kurzfristig) eliminiert werden (kontinuierliche Verbesserung, Kanban).
Sind die Prozessschritte erfasst, können anhand der Kategorien drei Wertzuwachskurven erstellt und miteinander verglichen werden. Damit wird die Verschwendung transparent. Die Kurven sollten regelmäßig und pro Produkt erstellt werden, um den gesamten Produktionsablauf und dessen Verbesserung in zeitlicher Auflösung betrachten und dokumentieren zu können.
Genutzt werden kann die Wertzuwachskurve, um:
- die aktuelle Situation des Unternehmens im Hinblick auf Wertschöpfung sowie kurzfristig eliminierbare Verschwendung zu visualisieren;
- Verschwendung monetär als Anteil an den Herstellkosten während des Produktionsprozesses zu bewerten;
- die Prioritäten von Maßnahmen festzulegen;
- einzelnen Maßnahmen zur Reduzierung von Verschwendung zu bewerten;
- bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.
Die Wertzuwachskurve ist ein Instrument, um Bestands- und Kostensenkungspotenziale in der Fertigung aufzudecken. Ihr Vorteil liegt in der anschaulichen Visualisierung des Erstellungsprozesses von Produkten unter Berücksichtigung der Varianten und Volumina und der damit verbundenen Entwicklung der Kosten, Bestände. Sie kann flexibel eingesetzt werden und ist von hohem praktischem Wert, da viele Maßnahmen sofort beurteilt werden können.
Als alleiniges Instrument ist sie ungeeignet, da sie sich immer nur auf ein Produkt oder einen Auftrag bezieht. Als Hilfsmittel zur Optimierung des Wertstroms sollte sie daher immer mit anderen Verfahren kombiniert werden.