Ist Kanban agil?
Unternehmen sind durch Digitalisierung, internationale Vernetzung, unsichere Märkte und Fachkräftemangel gefordert wie kaum jemals zuvor. Klassische Produktions- und Führungsprozesse stoßen an ihre Grenzen, da den Herausforderungen nur mit innovativen Produkten, flexiblen Strukturen und engagierten Mitarbeiter begegnet werden kann. Einen Ansatz dazu bieten agile Methoden wie Kanban.
Was genau ist Kanban?
Kanban ist eine Maßnahme im agilen Projektmanagement. Da Kanban in der Praxis einfach anzuwenden ist und leicht umgesetzt werden kann, ist es in Unternehmen weit verbreitet.
Prozesse werden dazu in Arbeitsschritte und Workflows untergliedert. So lassen sie sich übersichtlich darstellen, strukturieren und Schritt für Schritt abarbeiten. Der jeweilige Status eines Auftrags oder einer Aufgabe wird auf einem Kanban-Board visualisiert und so für alle Projektbeteiligten transparent. Dies fördert das Verständnis für den Gesamtprozess, macht die eigene Leistung sichtbar, erhöht die Eigenverantwortung und steigert die Motivation. Schließlich kann jeder seinen Beitrag an der Zielerreichung und die Bedeutung seiner Teilaufgabe für die erfolgreiche Bewältigung der Herausforderung erkennen. Das schnelle Feedback und die gemeinsame Problemlösung führen dazu, dass alle involviert sind und miteinander und voneinander lernen.
Der Begriff Kanban stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie Karte oder Tafel. Der Name ist dabei Programm: Die Mitglieder des Projektteams oder der Arbeitsgruppe schreiben jeweils die Teilaufgaben, die sie zeitnah erledigen müssen, auf die Kanban-Karten. Diese werden dann für alle sichtbar an der Tafel, dem Kanban-Board, aufgehängt. Das einfachste Kanban-Board hat dabei drei in Spalten angeordnete Zonen, die gleichzeitig den temporären Verlauf der Arbeiten darstellen: „Zu erledigen“, „In Bearbeitung“ und „Erledigt“. Korrekt geführt und permanent aktualisiert dient die Tafel als Informationszentrum. Hier wird deutlich, welche Zustände erreicht sind, aber auch, wo Engpässe bestehen, die den Workflow behindern.
Wie funktioniert Kanban?
Grundlage von Kanban ist das Pull-Prinzip. Die mit einer Aufgabe versehenen Karten werden von denjenigen, die die Aufgabe übernehmen, von Spalte zu Spalte „gezogen“, also abgearbeitet. Die Anzahl der Karten pro Feld ist begrenzt. Damit wird verhindert, dass zu viele Tätigkeiten parallel ablaufen – dies ist ein entscheidender Unterschied zu herkömmlichen To-do-Listen. Das Kanban-Board informiert und motiviert dabei die Mitglieder des Projektteams: Sie erkennen anhand der für alle sichtbaren Darstellung den Status und die Bedeutung einer Aufgabe. So können sie Aufgaben nach Dringlichkeit auswählen und möglichst zügig abarbeiten. Die Karte wird dann in die nächste Spalte gezogen und der Auftrag als erledigt gekennzeichnet. Das ineffiziente Springen zwischen verschiedenen Aufgaben wird so unattraktiv.
Wichtig ist eine große Disziplin bei der Nutzung der Kanban-Methode. Die Kanban-Regeln müssen ebenso wie die zuvor festgelegten Sprint-Zeiten – als Dauer der einzelnen Bearbeitungszyklen pro Karte – im Team genau eingehalten werden. Dann ist der Workflow des Projekts sichergestellt und Fortschritte sind klar erkennbar.
Wo liegt der Ursprung der Kanban-Methode?
Die Kanban-Methode wurde in den 1940er-Jahren vom Toyota-Ingenieur Taiichi Ohno entwickelt. Er suchte nach Möglichkeiten, den Produktionsprozess zu optimieren und Stillstände zu vermeiden. Sein Ziel war, von der Anlieferung bis zur Endmontage alle eingesetzten Sachgüter in Bewegung zu halten, um die Vorratshaltung – am Arbeitsplatz ebenso wie im Lager – zu minimieren. Das Ergebnis ist als Toyota-Produktionssystem bekannt, herausragendes Merkmal ist die Just-in-time-Produktion bzw. das JIT-Prinzip. Aufgrund der Erfolge in Japan setzte sich die Methode in den 1970er-Jahren auch in den USA und in Europa durch – auch außerhalb der Automobilbranche.
Der Begriff Kanban wurde später vom US-Amerikaner David J. Anderson, IT-Manager und Projekt-Entwickler, geprägt. Er entwickelte das Konzept in Richtung agile Softwareentwicklung und agiles Projektmanagement weiter. Die Grundstrukturen des ursprünglichen Kanban-Systems behielt er bei, passte diese aber an die Bedingungen von „White Collars“, die geistige Tätigkeiten ausführen, an.
Warum macht Kanban agil?
Agilität bedeutet, die Reaktionszeiten auf unvorhergesehene Umstände zu verkürzen. Notwendig sind dafür flache Hierarchien und eigenverantwortlich agierende Mitarbeiter bei der Ausführung von Tätigkeiten und der Problemlösung. Dieses selbstorganisierte Arbeiten wird von Kanban unterstützt: Alle Beteiligten sind verantwortlich für das Ergebnis, die Effizienz, die Qualität und die Innovation. In einem agilen Unternehmen erkennen die Mitarbeiter selbstständig Fehler und Flaschenhälse in einem Projekt und erarbeiten eigenständig Lösungen. So wird ein Prozess der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) angestoßen, der über die Teams hinausgeht und das gesamte Unternehmen erfasst.
Fazit
Kanban als agile Methode gewährt allen Beteiligten über das Kanban-Board einen aktuellen Überblick über den laufenden Prozess. Die Mitarbeiter können sich auf ein konkretes Thema oder eine spezifische Aufgabe fokussieren, was die Effizienz bei der Bearbeitung steigert. Auch Hindernisse und Probleme werden sichtbar. Da jeder Einzelne aber seinen Beitrag zur Zielerreichung sehen kann, ist die Motivation zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Problemlösung hoch. Die Leistung des Teams kann so enorm gesteigert werden.